Ein bisschen den Popo verhauen, dem Kunden sagen, was er tun soll und sich dabei nicht anfassen lassen. Dabei schicke Klamotten tragen und dabei natürlich noch ordentlich Geld verdienen. So ungefähr stellt man sich den Alltag einer Domina vor. Inwieweit dieses Klischee der Wahrheit entspricht, darüber haben Johanna Weber und Lady Velvet Steel im Rahmen einer Infoveranstaltung berichtet. Bei dem Abend im bekannten Berliner SM-Club Darkside waren ungefähr 11 Frauen (und ein Mann) zwischen Anfang 20 und Ende 50 anwesend. Fast wie an der Uni haben sich alle eifrig Notizen gemacht, währen die beiden Frauen auf sehr lockere Art von ihren Erfahrungen berichtet haben:
Beide Frauen sind eher zufällig zu diesem Beruf gekommen, was eigentlich kein Wunder ist, meistens kennt man selten Frauen aus dieser Branche und auch beim Arbeitsamt gibt es keine Angebote dafür, geschweige denn eine Ausbildung. Doch im Gegensatz zu früher, als Neu-Einsteigerinnen noch in einem SM-Studio angelernt wurden, gibt es heute unterschiedliche Fortbildungen, die auf diesen Beruf vorbereiten bzw. Weiterbildungsangebote ermöglichen. Eine dieser Möglichkeiten sind die Workshops von Johanna Weber und Lady Velvet, die sie für den Berufsverband für Sexarbeit entwickelt haben.
Johanna Weber hat ihren Rotlichtfetisch schon während des Studiums ausgelebt und sich in Bars, Bordellen und als Escort ausprobiert. Sie arbeitete nach dem Studium im Marketing, wo sie lange eine Führungsposition inne gehabt hatte. Sie lebte SM privat und kam eher zufällig wieder ein Bordell bzw. wurde dort in das SM-Zimmer gesteckt und hat großen Gefallen daran gefunden. Sie lebt ihre Tätigkeit als Domina jetzt seit 6 Jahren hauptberuflich.
Lady Velvet wollte eigentlich als Feuerkünstlerin ihren Lebensunterhalt verdienen, doch das funktionierte nicht so richtig. Auf der Suche nach einem Zusatzeinkommen entdeckte sie eine Kleinanzeige für Cam-Sex, und spielte vor der Kamera die Rolle der Domina. Das hat ihr so gut gefallen, dass sie das selbständig von zu Hause selbst gemacht, bis sie auf die Idee kam, es real zu machen. Da sie aber viele Bedenken hatte, ließ sie sich bei der Prostituierten-Beratungsstelle Hydra beraten, bevor sie damit anfing, als Lady Velvet zu arbeiten.
Domina, ein ganz normaler Job?
Der Beruf der Domina ist den üblichen Regeln einer Selbständigkeit unterworfen. Man muss Miete für das Studio zahlen, hinzu kommen Umsatzsteuer, Einkommenssteuer, Krankenkasse und auch die Kleidung muss man selbst anschaffen.
Nicht zu vergessen das Marketing: Eine professionelle Webseite muss erstellt werden, dafür braucht man gute Fotos und man muss Werbung schalten und Kundengespräche am Telefon führen.
Andererseits ist ganz aktuell ein Gesetzesentwurf herausgekommen, nach der Prostituierte (und dazu gehören auch Dominas) einer Anmeldepflicht unterliegen und zu einer regelmäßigen Gesundheitsberatung verpflichtet werden sollen.
Hinzu kommt, dass diese Tätigkeit immer noch weitestgehend gesellschaftlich geächtet wird. Man muss also damit rechnen, dass Nachbarn, Freunde oder Familie eventuell Probleme damit haben könnte. Wobei die Erfahrungen meist so sind, dass die, die einen schon vorher kannte, damit weniger ein Problem haben, weil einfach eine weitere Facette der Persönlichkeit hinzukommt. Während bei einem neuen Kennenlernen, der Anteil meist alle anderen Seiten überstrahlt.
Kann man als Domina reich werden?
Es gibt Dominas, die nehmen für eine Stunde mehrere hundert Euro, doch der Durchschnitt in Berlin liegt bei ca. 150 Euro, in München bei ca. 200 Euro. Zu jeder Stunde Arbeit mit dem Kunden kommt ungefähr noch eine Stunde Vor- und Nachbereitungszeit, in der mit dem Kunden ein Vorgespräch führt, man sich selbst umzieht, der Kunde duscht, sich umzieht.
Von dem Stundensatz gehen 40-50 Prozent an das Studio, in dem eine Domina arbeitet, wenn sie über kein eigenes Studio verfügt. Vom Rest werden noch 19 % Umsatzsteuer an den Staat gezahlt und die Krankenkasse ist mit ihren ca. 20 Prozent auch noch dabei. So bleiben von den 150 Euro dann vielleicht 50 Euro netto für zwei Arbeitsstunden übrig, davon muss dann aber auch noch die Arbeitskleidung (Strümpfe sind quasi Wegwerfartikel), Sextoys, Altersvorsorge etc. bezahlt werden. Das ist sicherlich immer noch mehr als so in vielen anderen Jobs, aber das Bild, ganz einfach damit ganz viel Geld zu verdienen, trifft auf die meisten Dominas nicht zu.
Das Domina-Bild wandelt sich
„Eine Domina lässt sich nicht anfassen, sie macht nur das, wonach ihr gerade der Sinn steht. Die Wünsche oder Bedürfnisse ihrer Kunden sind ihr egal: Wenn er Glück hat, gefällt ihm, was ich mache!“. Diese Zeiten sind jedoch vorbei, betont Johanna Weber. Heute ist eine Domina auch immer mehr Dienstleisterin. Eine persönliche Begrüßung auf Augenhöhe ist für sie selbstverständlich, das Angebot für ein Getränk und bei jedem Kunden ein ausführlichen Vorgespräch: Was stellt er sich vor, wo sind seine Grenzen? Was ist machbar in dem geplanten Zeitrahmen? Wo sind die Grenzen der Domina?
Früher war es normal, dass man eine Domina nicht anfassen durfte. Heutzutage hat sich das auch gewandelt. Die Frauen, die mal mehr mal weniger Erotik zulassen, nennt man eher Bizarrlady. Doch ihre Rolle ist immer noch dominant, auch wenn sie sich auf erotische Berührungen einlässt. Eine Sklavia dagegen bedient die devote (unterwürfige) Rolle. Eine Zofe dagegen dient als Unterstützung der Domina und steht dem Kunden sexuell zur Verfügung: „Den Orgasmus bekommt meine Zofe für mich!“, scherzt Lady Verlvet. Natürlich sind das keine vorgeschriebenen Rollen und jede Frau muss die eigenen Grenzen für sich selbst definieren und dem Kunden kommunizieren. Nur so weiß der Kunde ungefähr, was er erwarten kann.
Berufsrisiken einer Domina
Bei aller Vorsicht und allem Safer Sex besteht doch immer noch ein gewisses Restrisiko, sich mit Krankheiten anzustecken. Selbst bei Verwendung von Handschuhen oder Kondomen kann es doch passieren, dass etwas kaputt geht und Körperflüssigkeiten durch einen kleinen Kratzer in der Haut in den eigenen Blutkreislauf gelangen. Aber ein ähnliches Risiko besteht auch bei jeder Tätigkeit, bei der man mit Körperflüssigkeiten in Kontakt kommt.
Übergriffe sind kein größeres Risiko als in jedem anderen Job auch, wo man alleine arbeitet. Wenn eine Frau in einem Studio arbeitet, sind ja meistens auch noch Kolleginnen dabei, die eingreifen können, falls ein Kunde wirklich einmal übergriffig werden sollte. Wer alleine arbeitet, hat meist mehre Sicherheits-Stufen, die ein Kunde „bestehen“ muss, schilderte Lady Velvet: Bei ihr kommt erst ein telefonisches Gespräch, dann eine Terminvereinbarung. Ein paar Stunden vor dem Termin muss der Kunde den Termin nochmal bestätigen, die genaue Adresse gibt es dann erst kurz vor dem Termin. So hat die Domina mehrere Kontakte, bei denen sie prüfen kann, ob sie dem Kunden vertrauen kann. Doch bei allen Bedenken sollte man jedoch wissen: die meisten Vergewaltigungen geschehen im Familien-/Bekanntenkreis. Und absolute Sicherheit gibt es nie, ganz egal, welchen Job man anbietet.
Was ist das Schöne an der Arbeit als Domina?
Auch den Job einer Domina/Bizarrlady kann man als Job machen, wie fast jeden anderen auch. Die dazu notwendigen Techniken kann jede Frau lernen. Und dann gibt es aber auch die Frauen, die das als ihre Berufung erleben. Sie leben meist auch privat SM und geraten dann meist eher zufällig in ein Studio und werden damit glücklich. Sie tun das, was sie sowieso gerne machen und bekommen Geld dafür. Sie lernen ganz unterschiedliche Männer kennen, kommen ihnen auf eine Art und Weise nahe, wie es ihnen sonst im Alltag nicht möglich wäre. Auch weil sie im Alltag vermutlich überhaupt keine Berührungspunkte hätten. Aber im Studio ist das auf einmal da. Johanna Weber und Lady Velvet berichten, was sie an ihrem Job so schätzen:
Die freie Zeiteinteilung, der sehr persönliche Kontakt zu Menschen, auch zu denjenigen, denen sie sonst im Leben vermutlich nie begegnen würden. Und sie erfahren sehr viel über Männer und deren Wünsche und Bedürfnisse. Sie kommen ihnen auf eine Art und Weise nah, wie man sich sonst kaum nahe kommt. Und dann gibt es auch immer mal wieder diese Begegnungen mit Menschen, mit denen man vielleicht auch privat „spielen“ würde, und dann bekommt man für das, was man wirklich gerne gemacht hat, auch noch Geld dafür.
So distanziert eine Domina zu sein scheint, sie muss sich auf den Kunden einlassen und enge Verbindung herstellen können. Das ist dass Kernstück dieses Jobs. Mit der Zeit lernt man dann auch recht schnell zu erkennen, wer es ernst meint: Der tabulose Extremsklave, der vorgibt, alles mit sich machen zu lassen, knickt sehr schnell ein, wenn es um konkrete Situationen geht. Die meisten Gäste sind harmlos, wollen zum Genuss gezwungen werden. Andere können nicht formulieren, was sie wollen oder wo ihre Grenzen sind, da muss die Domina sich dann auf ihr Gefühl und ihre Erfahrung verlassen, um eine gute Session zu gestalten.
Man merkt den beiden Frauen an, dass sie mit Begeisterung ihren Job machen. Lady Velvet als klassische Domina, die ihre eigene Erotik im Job eher zurückhält, Johanna Weber als Bizarrlady, die zwar dominiert, sich aber auch berühren lässt.
Wer jetzt mehr wissen möchte über den Beruf der Domina, der kann zum nächsten Infotermin in Berlin kommen:
Arbeiten als Domina oder Bizarrlady. Infoabend – Ist dieser Beruf geeignet für mich?
12. August 2015, Berlin
Weitere Infos & Anmeldung hier https://johannaweber.de/zartliche_Dominanz/Infoabend_Domina-Ausbildung.html
Weitere Informationen zu den Workshops findet ihr hier: https://johannaweber.de/zartliche_Dominanz/Infoseite_Kurskonzept.html
Fotos: (C) erosa.de