Buchtipp: Die Sexualpraktiken der Quodoushka

Quodoushka!? Noch nie davon gehört? Dann wird es Zeit. Was für den asiatischen Raum das Kamasutra ist, ist für den meso- und nordamerikanischen Raum Quodoushka. Es klingt vielleicht wie eine aztekische Gottheit, bezeichnet aber die indianischen Liebeslehren und wird bisweilen auch indianisches Tantra genannt.

Das BuchQuodoushka Cover

2011 ist das Buch „The Sexual Practices of Quodoushka“ erschienen und bietet erstmals Einblicke in die Liebeskunst der Qoudoushka. Die Autorin Amara Charles ist nach eigener Aussage eine Koryphäe, wenn es um Quodoushka geht. Sie ist bereits seit 1989 international unterwegs und gibt viele Sexworkshops. Sie ist außerdem eine der wenigen Lehrerinnen, der es gestattet ist, Quodoushka-Workshops zu geben. Sie hat noch weitere Bücher veröffentlicht und ist mit ihrem Seminar- und Workshop-Programm erfolgreich in und außerhalb Amerikas unterwegs.
Das Buch ist auf englisch und umfasst 310 Seiten. Das Cover ist ansprechend gestaltet und lässt schon vermuten, dass man es mit schamanisch-indianischen Traditionen zu tun bekommen wird.
Inhaltlich ist das Buch in zwei Teile gegliedert, welche man mit Theorie und Praxis überschreiben könnte. Im ersten Teil lernt man alles über die Hintergründe der Lehren der Quodoushka kennen. Wo kommt es her, was sind die Grundprinzipien, wofür steht es.
Im Praxisteil geht es dann um die Anatomie und verschiedene Techniken, wie man die die erogenen Zonen von Frau und Mann stimulieren kann. Eine Besonderheit der Quodoushka ist es, dass sie verschiedene Genitaltypen kennen und diesen je nach Erscheinungsform bestimmte Eigenschaften zuordnen. Wer mal den Selbsttest versucht, wird verblüfft sein, wie zutreffend die Eigenschaften sein können. Ein wenig interpretatorische Freiheit natürlich vorausgesetzt.

Der Ursprung von Quodoushka

Der Ursprung der Lehren der Quodoushka liegt im mesoamerikanischen Raum. Sogenannte Zero Chiefs waren Träger großen Wissens und galten als die Mitbegründer von antiken Städten in Yukatan. Als Lehrer gaben sie ihr Wissen über die Natur und die Menschen sorgsam an ihre Schüler weiter. Ihre Philosophie hat sich ganz der Aufgabe verschrieben, Gemeinschaften zu schaffen, in denen die Menschen in Balance, Harmonie und Freiheit leben können. Durch viele Rivalitäten und Kriege der mittelamerikanischen Stämme untereinander wurden die Zero Chiefs und ihre Schüler die Flower Soldiers vertrieben. Jene Führer und Lehrer, die fliehen konnten, schlossen  sich etwa 1250 nach Chr. zusammen und begründeten den „Sweet Medicine Sundance Path of Turtle Island“, um das gerettete Wissen zu bewahren. Sie nannten sich die Twisted Hair Elders. Nach der Invasion der Spanier und weiteren Vertreibungen konnten Einzelne sich und Teile ihres Wissens nach Nordamerika retten, wo sie sich verschiedenen Indianerstämmen anschlossen. Die Indianerkriege führten dann dazu, dass sich das übriggebliebene Wissen noch weiter ausdünnte und zu absolutem Geheimwissen wurde.
In den 1990er Jahren wird Thunder Strike das jüngste Mitglied der Twisted Hairs Nagual Elder und verschreibt sich ganz der Bewahrung des Wissens um die Sweet Medicine Sundance und die Lehren der Quodoushka.

Was ist Qoudoushka – die Theorie

Den Lehren der Quodoushka liegen zwei Prinzipien zu Grunde. Zum einen gehen sie davon aus, dass alle Dinge aus weiblicher, empfangender Energie geboren und von männlicher, aktiver Energie gepflanzt werden. Zum anderen soll man nichts tun, was Kinder verletzen könnte. Daraus folgt: immer wenn wir etwas aufnehmen, drücken wir weibliche Energie aus und wenn wir etwas aktiv tun, drücken wir männliche Energie aus. Daher ist es notwendig, dass sowohl die weibliche als auch die männliche Energie respektiert und beschützt wird.
Alles und jeder wird von einer ursprünglichen Lebensenergie durchflossen. Diese Energie wird Chuluaqui genannt. Quodoushka steht dafür, dass beim  Zusammentreffen von zwei Chuluaqui die Energien im Akt der Liebe miteinander verschmelzen und dadurch mehr entsteht, als nur die Summe der einzelnen Energien. Aufgrund der modernen Lebensumstände, der Entfernung von der Natur und der Stigmatisierung von Sexualität, sind die Menschen heutzutage von dieser Energie abgeschnitten. Quodoushka lehrt uns, wie wir wieder zu dieser Energie zurückfinden und darauf zugreifen können.
Das machtvollste Potential um auf diese ursprüngliche Energie zuzugreifen, bietet dabei die sexuelle Energie. Sexualität ist tief in der Seele eines jeden Menschen verankert und im Erleben von Lust kann man sich selbst am besten spüren.
Die Wirkung der Sexualenergie kann sich jedoch nicht nur positiv auf das Liebesleben auswirken, sondern erstreckt sich auf alle Lebensbereiche. Sie kann heilend wirken – sorgt also für eine bessere Gesundheit, sowie auch für mehr Harmonie und Spaß im Leben.
Um das zu erreichen, sollte man Sex mit Toleranz und Wissen begegnet. Außerdem muss man sich zuallererst wohl in seinem eigenen Körper fühlen. Man muss sich so akzeptieren wie man ist –  einen Weg wie man das schafft, zeigen die Lehren der Quodoushka. Erst wenn man selbst mit seinen eigenen Wurzeln verbunden ist, kann man sich ungehemmt fallen lassen. Und je mehr man sich fallen lassen kann und sich seinem Partner öffnet, umso besser können die Chuluaqui miteinander verschmelzen und die freigesetzte Energie ihre heilende und positive Wirkung entfalten.

Mehr zu den „Sexualtheorien“ der Quodoushka bekommt ihr in einem nachfolgenden Artikel.

Von Genitaltypen und Orgasmusleveln – die Praxis

Medizinrad-original
Quelle: The Sexuale Practices of Quodoushka, S. 12.

Ein Kernelement der Quodoushka sind die Medizinräder. Diese bestehen aus einem Kreis, auf dem die Himmelsrichtungen eingezeichnet sind und jeder Himmelsrichtung ein Element zugeordnet wird. Grundlage dafür ist die Naturverbundenheit der Quodoushka Lehren, welche ihren Bezug immer wieder in der Natur und dem Kreislauf des Lebens suchen. Der Norden symbolisiert den Wind, der Süden das Wasser. Im Westen befindet sich die Erde und im Osten das Feuer. Das Zentrum wird durch die Leere symbolisiert. Dieses Lebensrad wird jedem anderen Rad zugrunde gelegt, so auch wenn es um die Genitaltypen geht. Was die Anatomie der Genitalien angeht, gilt wieder das Credo der Quodoushka – wisse über dich selbst Bescheid und akzeptiere dich so wie du bist, dann können sich dir ganz neue Welten der sexuellen Erfüllung eröffnen.
Frauen werden je nach Erscheinung ihrer Vagina in verschiedene Gruppen unterteilt. Da gibt es zum Beispiel die „Cat Woman“ oder auch die „Dancing Woman“ – insgesamt sind es acht Typen. Jeder dieser Typen bringt bestimmte Eigenschaften mit. Durch Quodoushka lernt man dann zum Beispiel, dass man bei einer „Deer Women“ nicht viel Zeit auf das Vorspiel verwenden muss, sondern gleich zu hartem, schnellen und intensiven Sex übergehen kann. Eine „Dancing Woman“  hingegen braucht viel Vorspiel, um warm zu werden. Auch wird erklärt, wo bei jedem Typ der Fire Trigger (G-Punkt-Bereich) liegt oder wie lange sie durchschnittlich zum Erreichen eines Höhepunktes braucht. Doch nicht nur die physische Seite wird betrachtet. Man erfährt auch viel über die emotionale Seite der Frauentypen und wie man ihnen außerhalb des Schlafzimmers am besten begegnet.

Maennerformen-klÄquivalent gibt es die Lebensräder auch für Männer, auf welchem sich unter anderem der „Coyote Man“ und der „Elk Man“ tummeln. Bei diesen erfährt man sogar, wie das Sperma eines jeden Types schmecken sollte.

Doch die Quodoushka kennen nicht nur verschiedene Genitaltypen. Für sie gibt es auch neun verschiedene Formen des Orgasmusses sowie vier Orgasmuslevel. Die Orgasmen des ersten Levels taugen den Quodoushka nach für nicht viel mehr als der reinen Triebbefriedigung. Selbst wenn beide Partner eine Klimax haben, stellt sich keine wirkliche Befriedigung ein und es kommt eher zu einem Energieverlust, als zu einem Gewinn. Orgasmen der Stufe vier hingegen lassen beide Partner vollkommen erfüllt mit der Lust auf noch mehr zurück. Der Orgasmus nimmt bei den Quodoushka einen sehr hohen Stellenwert ein, denn durch ihn können wir auf unsere ursprüngliche Energie zugreifen. Es ist möglich das Element der Leere zu erleben – die Quelle von Kreation, durch was alles geboren wird. Die Lehren der Quodoushka zeigen einen Weg auf, wie sich Lust und Empfindungen eines Orgasmusses in ganz neuen, unbekannten Sphären bewegen kann.

Genaueres über die geheimen Praktiken der Quodoushka erfahrt in einem folgendem Artikel.

Was bringt Quodoushka – für einen selbst, für das Liebesleben, für die Partnerschaft

Quodoushka kann dabei helfen, wie man sich selbst in seiner eigenen Haut wohler fühlt. Jeder Mensch hat seine besonderen Eigenschaften und trägt seine eigene, einzigartige Energie in sich. Jede dieser Einzigartigkeiten sollte verstanden und gepflegt und nicht unterworfen werden. Es ist aber so, dass wir über unsere eigene sexuelle Natur viel zu wenig wissen, weshalb wir oft unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse nicht richtig verstehen und deuten können. Dies führt gerade in Beziehungen oft zu Frustration und nicht selten auch zur Trennung. Quodoushka kann die Sichtweise zu Sex, Orgasmus und Beziehung erweitern und dabei helfen, die Einzigartigkeit der eigenen Sexualität und Anatomie zu akzeptieren.
Sex ist etwas natürliches und jeder der schon mal guten Sex hatte weiß, wie großartig er sich anfühlen kann. Der menschliche Körper ist geradezu dafür gemacht, Lust zu empfinden. Also stellt sich die Frage, warum so viele Menschen Scham dabei empfinden? Wer diese Scham ablegen und wieder mit seinen natürlichen, sexuellen Gefühlen in Verbindung treten will, dem können die Lehren der Quodoushka helfen.

Kritik am Buch

Wenn man über Quodoushka recherchiert, stößt man schnell auf den dazugehörigen Wikipediaartikel. Dort werden die Verbreiter der Quodoushka-Praktiken stark für ihr tun kritisiert und als Betrüger bezeichnet. Zum einen, weil die verbreiteten Inhalte nicht wirklich auf indianischen Traditionen beruhen sollen. Zum anderen, weil der Gründer der Deer Tribe Medicine Society, welche die Lehren verbreitet, nicht wirklich ein schamanisches Oberhaupt ist und nur Geld mit den Lehren verdienen will. Indianische Stammesführer sollen sich auch ausdrücklich von den Lehren distanziert haben. Das Buch bezieht sich unter anderem auch auf die Verwendung von Chakren, welche ihren Ursprung jedoch nicht im indianischen sondern im asiatischen Raum haben. Die Autorin setzt sich zwar zu Beginn ihres Buches mit dieser Kritik auseinander und betont, dass die Lehren Quodoushka, welche Thunder Strike und seine autorisierten Schüler verbreiten nicht auf einen einzigen Stamm zurückgehen. Das Wissen ist vielmehr von einem Kollektiv zusammengetragen, den sogenannten Twisted Hair Elder, deren Sprecher Thunder Strike ist. Dies erklärt jedoch nicht, warum auch asiatische Lehren mit in Quodoushka eingeflossen sind.
Um der Kritik entgegenzutreten, hebt Amara Charles am Ende nochmal hervor, dass der spirituelle Ansatz der Lehren keine religiöse Überformung darstellen sollen. Er weißt vielmehr auf einen respektvollen, offenen und natürlichen Umgang mit Sexualität hin.

Fazit – Kaufempfehlung

Von mir gibt es für das Buch eine volle Kaufempfehlung. Denn unabhängig von dem schamanischen Einfluss sind die Lehren der Quodoushka, trotz ihres weit zurückliegenden Ursprungs, auch heute noch aktuell. Die Ansätze der Lehren kann man ebenfalls in jedem guten, aktuellen Sex- und Beziehungsratgeber finden. Denn es geht keineswegs nur um Sexualpraktiken á la Akrobatikstellungen, wie im zweiten Buch des Kamasutras, sondern um eine ganzheitliche Sichtweise von Sexualität. Die sexuelle Energie wird als etwas ursprüngliches und natürliches angesehen, was respektiert und bewahrt werden muss. Es wird eine sexpositive Weltsicht verbreitet, welcher ich so nur zustimmen kann.
Auch der zweite Teil des Buches, in dem es dann konkret um Sex-Tipps geht, enthält keineswegs die üblichen Techniken, welche schon tausendmal veröffentlicht wurden. Die verschiedenen Genitaltypen waren für mich etwas vollkommen neues und unglaublich Interessantes.
Das Buch lässt sich von der sprachlichen Seite her angenehm lesen. Für alle, die mit esoterischen und schamanischen Ansätzen nichts anfangen können, wird es positiv erscheinen, dass diese in dem Buch nicht aufdringlich erscheinen. Auch wenn diese immer mitschwingen, scheint es der Autorin ein Anliegen zu sein, die dahinter liegende Essenz der Lehren darzustellen. Aufgelockert wird der Text immer wieder dadurch, dass Amara ein wenig aus den Nähkästchen plaudert und Erlebnisberichte aus ihren Workshops zum Besten gibt. In dem einem oder anderem Bericht erkennt man sich sicher auch selbst wieder …

The Sexual Practices of Quodoushka: Teachings from the Nagual Tradition (Englisch)
von Amara Charles (Autor), 307 Seiten, 15,50 Euro Taschenbuch

Qoudoushka-Seminare werden u.a. in der Nähe von Berlin angeboten www.lust-und-wissen.de