Heute möchte ich ein bisschen über Kommunikation schreiben. Die SM-Szene nimmt für sich gerne in Anspruch, sehr kommunikationsfreudig zu sein. ‚Ohne eine gute Kommunikation kann kein Spiel funktionieren!‘ hört und liest man immer wieder. Komisch, denn ein Thema, dass ich in Foren und auf den Stammtischen immer wieder höre ist „Wie sage ich meinem Partner, was ich will“.
Es mag ja sein, dass unsere Kommunikation innerhalb der Session sehr ausgeprägt ist, wir achten auf Körpersprache, auf gesagte, gemurmelte oder gezeigte Safewords und -codes, wir lesen auf der Haut und in den Augen. Alles schön und gut. Aber anscheinend ist es immer noch ein Problem, außerhalb der Session darüber zu reden, was einen kickt, was man mal erleben möchte und was man jetzt als echt zu viel ansieht.
Woran liegt das? Warum kann Sub auf dem Weg zum fliegen problemlos sagen „fester, Du schlägst wie ein Mädchen“, aber Abends auf der Couch bekommt man den Gedanken, wie geil man das fände, einfach mal auf den Boden gedrückt und benutzt zu werden, so ohne Vorspiel und Gedöns, nicht dem Partner mitgeteilt. Oder der dominante Part. Im Spiel „Los, Du Stück. Leck‘ die Schuhe und arbeite Dich nach oben durch!“. Klar. Das geht. Aber in der Sicherheit des eigenen Schlafzimmers zu sagen „Du, ich würde gerne mal auf Dich onanieren, wenn Du gefesselt bist“, das bekommen viele nicht hin.
Einer der Gründe mag sein, dass es immer ein recht einseitiges Ding ist, Wünsche innerhalb der Partnerschaft zu äußern. Da ist nix mit verhandeln oder so. Da ist ein Wunsch, vielleicht auch etwas, dass Dir seit Jahren auf der Seele brennt und den Du jetzt einfach da hin legst.
Ein anderer Grund ist die Angst vor Zurückweisung. Man hat einfach die Befürchtung, der Partner, der einem eben noch den schönsten Orgasmus beim Fingern in den Seilen verschafft hat, könnte dich ablehnen, weil Du Dir eigentlich schon immer gewünscht hast, beim Kommen gewürgt oder geohrfeigt zu werden. Da kann dann noch so viel körperliches Vertrauen, und auch Vertrauen in die technischen Fähigkeiten des Partners sein, das ist etwas vollkommen anderes, als wenn man in den Keller seiner Phantasien herunter geht, das am Besten gehütete Geheimnis mit nach oben bringt und es dem Partner offenbart.
Aber wie kommen wir da raus? Wie schaffen wir es, dem Partner mitzuteilen, was uns kickt, ohne dass wir uns Gedanken machen müssen, wie er reagiert? Ich möchte heute drei Methoden, die mir geholfen haben und immer noch helfen, meine Partner besser kennen zu lernen, vorstellen.
PicChange
Nein, nein, wir schauen natürlich keine Pornos… und keiner treibt sich auf Tumblr, Reddit oder ähnlichen Plattformen rum. Aber ganz im Ernst: Das solltet Ihr!
Jeder hat mal ein paar Minuten Zeit am Tag, durch den Wust an erotischen Bildern, dem Soft- und Hardcore, den das Internet so mit sich bringt, zu scrollen. Alleine die Bildersuche von Google bringt, wenn ihr den einen oder anderen Suchbegriff eingebt, schon ein paar gute Resultate. Jetzt sendet ihr jeden Tag (oder jeden zweiten, jedes Wochenende, kurz vor den Treffen) den Link für das Bild, das euch an diesem Tag gekickt hat an euren Partner. Ohne Kommentar. Einfach nur das Bild. Euer Partner ist dann der, der das ganze zuerst kommentiert. Nämlich das, was Ihm als erstes durch den Kopf gegangen ist, als er das Bild gesehen hat. Natürlich soll hier nicht gewertet werden, sondern wertfrei das mitgeteilt werden, was einem man gedacht hat. Und schon seid Ihr in einer Kommunikation, die euch unglaublich viel über euren Partner verraten wird.
Tut mir nur einen Gefallen: Seid ehrlich, aber nicht verletzend. Jeder wird verstehen, wenn er gesagt bekommt „Das was ich hier gesehen habe, gefällt mir gar nicht“ oder „Das macht mir Angst“; aber verletzt nicht euren Partner mit Aussagen nach der Art „Was ist denn das für ein kranker Scheiß…“. Denkt immer dran: euer Partner hat euch gerade ein Stück seines Innersten dargelegt.
Das Wunschglas
Eines der seltsamsten Phänomene ist, dass es vielen leichter fällt, etwas zu schreiben als es zu sagen. Das können wir uns mit dem Wunschglas zu Nutze machen. Jeder bekommt ein Glas, es geht auch ein Glas gemeinsam, dann sollte man jedoch Zettel mit unterschiedlichen Farben haben. Und dann einfach anfangen. Man schreibt seine Wünsche und Phantasien, das, was einen kickt oder was man gerne erleben will, auf einen Zettel und packt den ins Glas. Ihr könnt sagen, an einem Abend zehn oder zwölf Stichworte, oder immer, wenn einem was in den Sinn kommt, eine neuen Zettel.
Wenn dann eine gewisse Anzahl an Zetteln von jedem im Glas sind, dann kann man sich an den ersten „Wunschglasabend“ machen. Es wir von jedem ein (oder auch mehrere, ganz nach Zeit und Lust) Zettel gezogen. Und das, was gezogen wird, wird an diesem Abend mit in das Spiel eingebunden. Natürlich gibt es die Möglichkeit ein Veto einzulegen, wenn hier nun etwas aufkommt, das nicht im Geringsten in die eigene Komfort-Zone passt, dann wir ein neuer Wunsch gezogen.
Vor dem Spiel sollte allerdings keine Wertung des Wunsches, positiv oder negativ, erfolgen. Denn ansonsten passiert das, was eigentlich nicht passieren sollte: es wird Druck aufgebaut, der hier nicht hin gehört. Nämlich die Angst, sich vielleicht zu weit vor gewagt, verletzbar zu sein, verletzt zu werden. Oder es entsteht das Gegenteil von dem beängstigenden Druck, die Erwartung. Es muss in Realität nicht alles so geil sein wie in der Phantasie; es kann sogar sein, dass das Ausleben den Partner oder auch den, der den Wunsch geäußert hat in der Praxis eher abturnt. Dann sind wir aber schon im Spiel, und wie ich ja oben schon geschrieben habe, innerhalb einer Session fällt die Kommunikation meist leichter.
Danach, wenn es euch gefallen hat, kommt der Zettel zurück in das Glas. Oder der Zettel wird weggelegt, wenn Ihr sagt, das war es jetzt gar nichts. Mit der Zeit werden Wünsche aus dem Glas verschwinden, neue hinzukommen und ihr habt einen großen Pool an Dingen, die Ihr immer wieder in eure Sessions mit einbinden könnt.
5 Tage-10 Worte
Während die ersten beiden Methoden eher einseitig einen Einstig in die Kommunikation bieten und auch innerhalb jeder Konstellation funktionieren, sei es jetzt eine Vanilla-, Kinky- oder BDSM-Beziehung, ist das etwas, das sich eher für eine Partnerschaft mit eine Machtgefälle oder einer klaren Dynamik eignet.
Nehmt euch eine Woche lang jeden Abend ein halbes Stündchen Zeit, am Besten immer um ungefähr die selbe Uhrzeit, schafft euch eine ruhige, schöne Atmosphäre. Macht euch über den Tag ein paar Gedanken, welches Wort euch auf eurer Seite der Dynamik beschreibt oder bewegt. Also zum Beispiel für die Subs unter euch: Was bedeutet es für dich, devot (oder masochistisch, oder Pet) zu sein. Euer Partner macht sich darüber in dieser Woche genauso Gedanken, nämlich: Was bedeutet es für mich, dominant (oder sadistisch, oder Daddy) zu sein. Dann teilt Ihr euch das eine Wort mit, das euch den Tag über begleitet hat und redet darüber. Fragt, was der andere damit meint, damit verbindet. Warum gerade dieses Wort? Warum gerade heute? Unterhaltet euch über die Beweggründe und die Gedanken, die sich der Andere gemacht hat. Die einzige Regel: der, der das Wort vorgibt, wird gefragt und antwortet. Keine Gegenfragen. Hier soll keine Diskussion über etwas entstehen, hier sollt Ihr euch einander erklären und einander (neu) entdecken
Auch, wenn Ihr es nicht glaubt, genau so lernt Ihr euch kennen. Egal, wie lange Ihr schon zusammen seid, wie oft Ihr euch geliebt, gelitten oder miteinander gelacht habt, Ihr werdet immer wieder etwas neues sehen. Neue Facetten, neue Abgründe, die Ihr gemeinsam erleben könnt, werden sich auftun. Ihr braucht nur etwas Mut
In diesem Sinne: Lernt euch doch mal wieder kennen!
Love, Whips & Kisses
Sascha Hein