Sexspielzeug verstecken wir gerne tief unten in unserer Schublade und als Smalltalk-Thema nutzen wir es auch nicht. Doch laut einer Durex-Umfrage besitzt jede fünfte deutsche Frau einen Vibrator! Die meisten werden es sich damit wahrscheinlich selber machen, manche auch ihren Partner mal damit spielen lassen. Zum Gesprächsthema machen wir den Vibrator trotzdem nicht. Dabei hat er eine ziemlich bizarre und unterhaltsame Geschichte!
Im Kampf gegen den wandernden Uterus
Ursprünglich entstand er als „Heilmittel“ gegen die Hysterie: Im ausklingenden 19. Jahrhundert pilgerten scharenweise Frauen zum Arzt, um sich die Vagina massieren zu lassen. Das sollte angeblich gegen das ominöse Leiden helfen. Doch dann waren es die männlichen Ärzte leid, stundenlang an Frauen herum zu massieren – etwas Maschinelles musste her!
Stellen Sie sich das einmal vor, dass Sie zum Arzt gehen würden, um sich vaginal befriedigen zu lassen! Zwar war das damalige Wissen über den weiblichen Orgasmus noch äußerst beschränkt, lustig ist das aber trotzdem. Man nahm an, dass diese seltsame Krankheit – Hysterie genannt – von der Gebärmutter einer Frau ausging. Deshalb versuchte man über Massagen angestaute Säfte abzutransportieren und so den Körper zu entspannen. Aus heutiger Sicht würden wir wohl sagen, dass die Frauen endlich ordentlich befriedigt wurden, um sie zu entspannen. Schließlich fühlen wir Damen uns nach dem Orgasmus wie nach einer Wellness-Behandlung.
Doch weil man im 19. Jahrhundert der Frau nur wenig Lustempfinden zusprach, wurde diese Form der Behandlung als etwas rein Medizinisches betrachtet. Ärzte saßen also bis zu Stunden vor ihren Patientinnen und massierten deren Klitoris. Das tat auf Dauer natürlich ordentlich im Handgelenk weh. Die Lösung kam, als 1883 der Engländer Jospeh Mortimer Granville eine elektrisch betriebene Massage-Maschine erfand: Der sogenannte ‚Granville Hammer‘ war eigentlich für die Behandlung von Männern gedacht, sein Erfinder wollte ihn gar nicht an Frauen testen.
Good Vibrations im zwanzigsten Jahrhundert
Doch Ärzte in ganz England und Amerika waren überglücklich: wofür sie sonst bis zu einer Stunde Handarbeit gebraucht hatten, konnte nun in wenigen Minuten erfolgen. Das war die Geburtsstunde des Vibrators. Immer mehr Unternehmen erfanden kleine Maschinen, die man an die Steckdose anschließen und so Vibration erzeugen konnte. In den USA wurden diese Vibratoren auch ganz gezielt so vermarktet, dass Frauen angesprochen wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts tauchten Vibratoren dann in den ersten „Schmuddelfilmen“ auf und ihr Ruf veränderte sich. (Quelle)
Als Sexspielzeug, wie wir ihn heute kennen, wurde der Vibrator wohl erst im späteren 20. Jahrhundert wieder rehabilitiert. Aus Glas oder Holz, aber auch aus Kunststoff und Latex waren die früheren Vibratoren meist. Doch als man feststelle, dass diese Stoffe oft Allergien oder auch Krankheiten auslösen können, wurden Vibratoren aus medizinischem Silikon beliebt. Den ersten Vibrator aus Silikon stellte die Firma Fun Factory 1996 her: er hatte die Form eines Delfins.
Diese charakteristische Form (minus Delfingesicht) finden wir auch heute noch in vielen Nachtischschubladen, in Österreich sogar in jeder dritten und in Amerika in jeder zweiten Schublade. Dagegen sind wir Deutschen mit jeder fünften ja fast prüde….(Quelle)
Bildquelle: Vibration is life (Commons licence) https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Vibration-is-life.jpg