„beschlagene zeit“
von Achim Wagner
i belong in a prison beneath your legs
lou reed
beschlagene zeit
seit wochen an jedem tag entblösst & manchmal auch „eine pornographische beziehung“ während sich zwei nasen dem fauligen ((mund-))geruch drohender gewöhnung sperren noch nicht einmal verzweifelt an der strassenecke eines aussenbezirks kippt einer kräuterschnaps in seine viertelvolle milchflasche kippt einer dumpfe betäubung + vergessen in den überforderten schädel & fährt vermutlich richtung lohnvergoltener stunden mit der ersten bahn am morgen die uns an den rand des schlafs bringt bei aufgehender sonne ins dunkelblau bezogene doppelbett & flüchtige aktstudien prägnante brustpartie unter einem schlanken hals auf dem rücken flügel die sich deutlich abheben darunter die angedeuten konturen der rippen bis zur taille weiter halbkugelpo die beine von der daunendecke verhüllt verliert sich die distanz mit der ersten berührung eine fordernde hand zwischen meinen beinen zu dem rasierten dreieck gezogen & verschlungen früher begann der abschied immer schon mit den ersten sätzen des kennen lernens erinnere ich mich an vergangene begegnungen in den surrealen städten mit den kleinen flüssen die ich hinter mir gelassen habe & deren namen austauschbar sind von der toilette das geräusch plätschernden urins leichtfüssige schritte auf dem holzboden zurück legen sich meine nervösen hände um die festen brüste ((bh-körbchengrösse 80 b)) hinterrücks & mit dem gesicht auf fensterhöhe warme strahlen fallen auf meine stirn + die rechte wange verloren in sanften bewegungen festen stössen keuchen wir satzfragmente um schliesslich bauch an rücken gleichmässig + ruhig zu atmen in einer uns unbestimmten stunde verschwimmt das eben erlebte & nahtlos erinnerte mit den unbewussten unfreiwilligen schlaf-traum-taumel-bildern ausgezehrt bis auf die geistigen knochen langer gang seit der ersten erektion immer wieder müde & zwischendurch graue haare wie ein greis darunter abarten der angst zu viele lebewohls wird es zeit zu bleiben ((oder geblieben zu werden)) gemeinsam in einer villa einem reihenhaus einer hundehütte „experimenteller sex?“ scheinbar geweckt von press-luft-hammer-schreien wieder im wirbel ((sie liegt nackt auf dem bauch ein buch in der hand die dünnen beine angewinkelt in die luft gehoben – nachgestellte & gleichzeitig völlig eigene charakterisierende pose – schwarz/weiss auf photopapier gebannt gerahmt aufnahme um aufnahme…)) verfinsterter himmel am späten nachmittag & lippen feuchten lippen dabei betrachten beobachten wir uns weit vorgedrungen wechselseitig verführt danach für wenige stunden in alltagskostüme gehüllt in den augen & abwärts weiter ein verlangen das sich nicht stillen will
Angaben zur Person:
Achim Wagner, *1967, lebt in Köln & Essen.
Bibliographie:
Der Kreisläufer (Kurzgeschichten), verlag ferber und partner, Köln, 1997.
blinder fisch – super 8 roman, edition sisyphos, Köln, 1998.
niemandem dieser tag (Gedichte), parasitenpresse, Köln, 2000.
[Hg.] Die Verfolgung und Ermordung des (Wilhelm) Richard Wagner
(Anthologie mit Kurzgeschichten, Aufsätzen, Dramatik),
AARACHNE Verlag, Wien, 2000.
Zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien, Literatur- und Kunstzeitschriften, im Rundfunk, Internet und auf CD.