"Hinterhof-Produktion" von Michael Klarmann

„Hinterhof-Produktion“
von Michael Klarmann

Seit jener Szene, in der Meg Ryan ein Restaurant zwangsläufig und ganz gehörig aufmischt, sollte es jedem Kerl dämmern. Es gibt einfach nur in den seltensten Fällen eine wasserdichte Garantie-Urkunde für einen weiblichen Orgasmus, zumindest aber keine für einen ausschließlich akustisch unterstrichenen!

Ich habe mich eine Zeit lang mit Telefonsex verdingt. Seitdem ich aber einmal einen Kerl am anderen Ende hatte, der auf einmal Phantasien entwickelte, in denen auch Kleinkinder mittun sollten, habe ich den Job geschmissen. Es ging einfach nicht mehr! Wer hält denn sowas aus? Habe mich dann auf Hörspiel-Produktionen verlegt, wie ich es immer nenne. In etwa: Porno-Hörspiele. Natürlich gibt es dafür keinen Markt mehr. Früher gab es da wirklich einen, die Kassetten wurden gekauft, in Sex-Shops und mit Gestöhne drauf. Heute will sowas doch niemand mehr hören. Ich nenne eben meine Arbeit nur noch so. In Wirklichkeit synchronisiere ich Pornofilme. Meist Amiware. Von Softproduktionen für SAT 1 oder RTL bis zum Hardcorekram fürs Videoland. Eben alles, was kommt! Ich bin meist festgelegt auf drei Mädels. Zwei davon spielen für zwei verschiedenen Produktionsfirmen in den USA, das andere kommt irgendwo aus Osteuropa. Wir erhalten die Filme von da aber schon mit amerikanischer Synchronisation. Müssen wir dann akzentfrei in Deutsch umstöhnen. Nur ein paar der Mädels aus dem Osten, die etwas bekannter sind bei dem Zielpublikum, werden mit Akzent synchronisiert. Da stehen die Fans von denen drauf! Wir holen uns dann immer osteuropäische Schauspielschülerinnen ins Studio.

Das Studio ist ein kleines Zimmer. Die Wände sind mit Teppichen behangen, damit es nicht so hallt. Hollywood-Movies würde man hier nicht machen. Es gibt einen großen Bildschirm, dann eine Plexiglas-Scheibe, schließlich mein Tisch, an dem ich sitze und auf dem ich für die wenigen Dialoge das Drehbuch liegen habe. Meist ist es sehr dünn. Kommt auf den Texter an, wie gewitzt der ist. Meistens dichten wir ja sowieso in die kurze Rahmenhandlung was anders hinzu. In Hollywood soll es Synchronstudios geben groß wie Kinosäle, und da sitzt man dann vor einer richtig fetten Leinwand wie in einem Cockpit, sieht den Film, und spricht auf die Tonspur. Dafür drehen die Synchronsprecher da manche Szenen ewig. Wir halten uns da nicht zu lange mit auf.

Ich war sogar schon einmal in einer Talkshow wegen des Jobs. Die haben lausig bezahlt. Als ich mit Peter zusammen dann in der Sendung ohne entsprechendes Bildmaterial eine Szene nachgestellt habe und wir stöhnten, fanden das alle urkomisch und haben gelacht.

Die Osteuropäer und die eine Amifirma drehen Filme, da stimmt die Ausstattung und die Qualität. Teilweise sehr edel, auch die Darstellerriegen. Nichts erinnert da mehr an die Anfänge aus den Siebzigern oder noch früher, wo die Kerle fiese Bärte und fettige Haare hatten und die Frauen manchmal sehr mäßig aussahen. Die beiden Frauen, die ich bei den beiden Firmen spreche, sind nett und schön, gut proportioniert, kann man drauf stolz sein. Ich selbst bin etwas rund an einigen Stellen. Sieht ja keiner!

Die dritte Firma aus den USA, für die wir arbeiten, ist sehr trashig. Heute sind es mal junge Mädels, ihre Klamotten erinnern an knallbunte Schlampen aus den Siebzigern und etwas Fetzenlook dazu. Sie sind alle dünn, fasst will ich sagen: Heroin-Look. Girlies nennt man das wohl heutzutage. Sie tragen Miniröcke, knappe und zwei Nummern zu klein ausgesuchte Tops und Strapse, dazu Stoffturnschuhe. Wo gibt es denn sowas?

Der Film spielt in einem Hinterhof, am hellichten Tage. Sonnenschein. Im Drehbuch steht, es ist der Hinterhof eines Fischgeschäfts. Auch ´ne Kulisse! Eingezäunt ist er mit Lattenverschlägen, die mich an die Kleinen Strolche erinnern. Die Mädels gebärden sich wie Lolitas. Natürlich sind sie keine echten Lolitas. Um den Film verkaufen zu müssen, achten die Amis super darauf, dass die Darsteller nicht jünger als Achtzehn sind. Alkohol verkaufen sie allerdings drüben erst ab Einundzwanzig aufwärts. Verstehe wer will…

Die Dialoge sind dürftig. Teenagerprobleme und Quatsch über Küsse mit Nachbarsjungen, deren geilen Waschbrettbäuche wie bei Brad Pitt und abends sich unter der Bettdecke einen Fingern, während man an Brad Pitt denkt. Sie stehen dabei ´rum, necken sich, rauchen Zigaretten. Ihre Röcke sind verdammt knapp. Die Tops scheinen mir bei jedem Satz, den die Mädels sprechen, enger zu werden. Ich fasse diese platten Stoffschuhe immer noch nicht. Im Drehbuch steht, sie heissen Chucks. Ich muss das nicht sagen, eine Kollegin muss das später noch sprechen. Ich meine, flache Sportschuhe und Strapse, ich komme da nicht drüber weg. Hochhackige Pumps und Strapse, das hat was, aber Turnschuhe. Mann oh Mann!

Zwei der Mädels haben so kurze Röcke, man sieht die Strumpfhalter und freies Bein zwischen Nylon und Rocksaum. Eines der Mädels beugt sich kurz nach vorne und man sieht, sie trägt kein Höschen. Ich denke mir, haben die anderen auch nicht an. Eine der beiden fragt mich nun, ob ich mich wohl trauen würde, mir einen toten Fisch in meine kleine, enge Pussy zu stecken. Ich winke ab. Eine andere meint dann, noch in Englisch und ein wenig übermütig, wie mir scheint, sie würde es machen. Ich sage ihr darauf, vorher würde ich ihr aber gerne nochmal das Döschen auslecken. Sofort beginnen wir Mädels damit, uns wie wild zu begrapschen, uns zu befummeln, uns gegenseitig frei zu machen, uns mit den Fingern oder liegend mit den Pussies gegenseitig zu ficken. Die Sätze, die es zu sprechen gilt, werden kürzer. Ich stöhne viel, lange und ausdauernd. Zweimal kommt es mir. Ich kann mich gerade noch beherrschen, einmal dabei auf den Tisch vor mir zu hauen, denn dann wäre ja die Aufnahme hinüber. Ansonsten zeige ich mich von meiner besten Seite. Routiniert mache ich keinen argen Fehler, stöhne und kreische etwas, sitze dabei gelassen auf meinem Stuhl, gucke den Film und dabei hängt mir das Mikrophon vor der Nase herum. Etwas eine drei Viertel Stunde geht das so weiter. Lesbensex und Lesbensex und Lesbensex zwischen fünf angeblichen Teenagern. In allen Variation und plötzlich gibt es zur Feier des Tages auch ein paar Dildos dabei. Wir tragen nur noch Strapse und diese blöden Stoffschuhe. Wer denkt sich sowas aus? Stoffschuhe. Ich komme immer noch nicht drüber. Mit und mit sehen wir nicht mehr ganz frisch aus. Der Hinterhof ist staubig, wir liegen auf dem Boden, drücken uns an den Holzzaun, setzten uns auf alte Kisten. Da bleiben schonmal ein paar Flecken über. Schließlich verpasse ich fasst einen meiner wichtigsten Einsätze, bügle es aber gerade nochmal so aus: »Und nun ficken wir die Sau mit dem Fisch!« sage ich zu den Mädels.

Eine von uns holt nun aus einer Ecke eine große Kiste voller Fisch. Sie nimmt einen heraus und grinst. Das Mädel, welches eben großspurig meinte, sie würde so ein Ding zum ficken haben wollen, wird hektisch, fast ein bisschen panisch. Wir halten sie schnell fest, eine von uns an den Armen, zwei von uns spreizen ihr die Beine. Die Vierte im Bunde steckt ihr ohne zu zögern den schmierigen Fisch ins Loch. Die Kleine kreischt ein bisschen, es wird nicht ganz klar, ob vor Freude oder aus Wut. Auch egal! Ich muss nun böse wie eine Hexe lachen. »Das hast du jetzt davon, du Fickbiest!« lese ich vom Drehbuch ab und meiner Darstellerin sauber auf die Lippenbewegungen. Das Mädel reisst sich los. Der Fisch baumelt zwischen ihren Schenkeln. Sie greift sich zwischen die Beine, zerrt das Vieh aus sich heraus und schlägt es mir rechts und links auf meine Backen. »Aua!« sage ich laut Drehbuch, öfter, denn sie trifft mich mehrmals und zwar feste. Die anderen Girls reagieren wie von der Tarantel gestochen. Sie packen sich tote Fische aus der Kiste und fangen an, sich gegenseitig die Dinger um die Ohren, auf die Brüste, ins Gesicht und gegen ihre Pos wie Döschen zu schlagen. Irgendwann bewerfen wir uns gegenseitig mit dem Fisch, es erinnert an eine neckische Kissenschlacht. Die Strapse und wir sind bald ziemlich angesaut, mit unseren Stoffschuhen und deren beschissenen Gummisohlen staken und schlittern wir durch die Pampe, fallen manchmal böse hin. Die Dialoge beschränken sich auf mehrmaligen Schmerzenslaute und einiges an Gelächter oder Kichern. Die Dildos liegen am Boden, zwischen uns, eine von uns sitzt mit von sich gestreckten, gespreizten Beinen auf ihrem Po in der Pampe, greift sich einen Dildo, steckt ihn sich ´rein und dabei geht eine andere in die Hocke und pinkelt vor ihr hin. Wieder eine andere bewirft die beiden mit Stücken vom Fisch…

Als die Fische alle sind liegen wir uns beschmiert und mit glitschiger Haut in den Armen und haben Fischreste in unseren Haaren kleben. Wir kichern, kuscheln ein bisschen. Alles irgendwie kleinmädchenhaft. Abspann! »Sauber, Baby,« höre ich es als der Film vorbei ist durch die Lautsprecher, die in einer Ecke des Zimmers hängen. »Sauber! Großartige Arbeit, Süsse!« ruft der Mann an den Reglern mir zu. »Gleich beim ersten Take alles im Kasten! Das war super Mädel!«

Er ist mein Mann.

(C) by Klarmann