Das Tabu der Sexualität im Alter schwindet immer mehr. Dazu haben zum Beispiel auch der Film Wolke 9 oder das Buch „Nacktbadestrand“ beigetragen. Einen weiteren Mosaikstein zu diesem Thema trägt die Berliner Fotografin Anja Müller dazu bei. Sie sucht ein mutiges heterosexuelles Paar über 50 Jahre (ohne Altersbegrenzung nach oben) – gern in Berlin – das sich vorstellen kann,sich von ihr erotisch fotografieren zu lassen.
Dabei sollte es für das Paar in Ordnung sein, dass das Shooting vom belgischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen gefilmt wird. Außerdem soll es noch ein kleines Interview mit den beiden geben. Der Filmbeitrag soll Ende Februar gedreht werden.
Sie sucht immer mal wieder Männer, Frauen und Paare unterschiedlichen Alters, die Lust haben, sich fotografieren zu lassen. Das ist jedoch nicht so einfach, denn viele scheuen sich davor, dass ihre Bilder veröffentlicht werden. Wer also mutig und neugierig ist, kann gerne Kontakt zu ihr aufnehmen: Anja Müller
Hier noch ein paar persönliche Informationen zu der Fotografin und ihrem Hintergrund. Sie beschreibt ihren Werdegang so:
„In Ostberlin 1971 geboren und aufgewachsen, begann ich als Jugendliche, das Geschehen um mich herum zu fotografieren. Dazu war ich viel in den Straßen Berlins unterwegs. Die fotografierten Straßenszenen waren immer von einer gewissen Distanz geprägt. Diese Bilder von „alltäglichen Menschen“ entstanden eher heimlich und waren dadurch oft flüchtig. Aber mein Hauptinteresse konzentrierte sich immer mehr auf die Person. Ich wollte etwas erfahren; ich wollte näher ran.
Bei meiner fotografischen Auseinandersetzung mit dem Thema „Persönlichkeit“ rückte das Thema „Geschlecht/sidentität“ immer stärker in den Blickpunkt. Ich suchte bei Körperstudien, Aktaufnahmen und Porträts nach den sozialen Signifikanten der Geschlechter und fing an, mit den Erwartungen zu spielen; ich vereinte scheinbar zwingende Merkmale für das eine mit denen für das andere Geschlecht,um Geschlechterrollen und -identitäten in Frage zu stellen bzw. aufzulösen.
Eine neue Richtung entwickelte sich. Ich wollte wieder verstärkt einen Beobachterposten beziehen, weniger Bezugspunkt für die Menschen vor der Kamera sein. Also suchte ich das Verhältnis zweier Personen, zweier Körper zueinander aufzunehmen, ohne natürlich aus den Augen zu verlieren, dass ich auch dabei immer mit im Bunde bin. Als höchstes Maß an (körperlichem) Aufeinanderbezogensein betrachtete ich die Sexualität und suchte daher per Kleinanzeige Leute, die sich beim Sex fotografieren lassen wollten. Ich wollte das Bild von Sexualität so auch aus dem „schmuddeligen“ und durch die Bezeichnung „Pornographie“ tabuisierten Rahmen lösen.
Zwischen 2000 und 2002 erschienen beim konkursbuchverlag meine ersten drei Bildbände (Frauen/ Männer / Paare) mit einer Auswahl der Porträts und Erotikbilder, die in den ersten zehn Jahren meiner fotografischen Arbeit entstanden. Das Buch 60plus,das 2003 erschien, sehe ich als eine Art inhaltliche Zusammenfassung des bisherigen Schaffens. Es zeigt Männer und Frauen ab 60 Jahren in intimen und erotischen Situationen. Es war mir wichtig, das Tabuthema “Alter und Erotik“ anzugehen, und gleichzeitig mich mit dem Alter/n auseinandersetzen, mit dem Wesentlichen eben, mit dem, was bleibt, wenn die äußere Schönheit vergeht.“