Rezension: Ich bezahle für Sex

Geschätzte 1,2 Millionen Männer gehen pro Tag ins Bordell (Quelle: Tagesspiegel), doch meist weiß man nur sehr wenig darüber, welche Motive einen Mann dazu bewegen, zu einer Prostituierten zu gehen. Der bekannte Comiczeichner Chester Brown beschreibt in seinem autobiografischen Buch, was ihn dazu bewegt hat, seine sexuelle Lust ausschließlich bei Huren zu befriedigen.

Nach dem Scheitern seiner dritten Beziehung hat er kein Interesse mehr an einer Beziehung. Seiner Meinung nach verursacht die romantische Liebe mit ihrem Monogamie- und Beziehungsanspruch mehr Elend als Glück. Doch sein Verlangen nach Sex kann er nicht befriedigen, da er sich selbst in solchen Dingen als ungeschickt und zu schüchtern betrachtet, um einfach Frauen kennenzulernen. So kommt er nach und nach auf den Geschmack der Prostitution. Anfangs noch sehr unsicher über die Vorgehensweisen in diesem Milieu, tastet er sich Schritt für Schritt in die für ihn unbekannte Welt.

Er ist dabei immer sehr höflich und teilweise auch sehr zurückhaltend und möchte die Prostituierten auch nicht verletzen, wenn er sie nicht mag, sondern versucht immer, sein Gegenüber mit Respekt und Würde zu behandeln, was manchmal auch seinen eigenen Bedürfnissen widerspricht. So hat er zum Beispiel Hemmungen einer Prostituierten zu sagen, dass er sie nicht wirklich attraktiv findet.

In Kanada ist Prostitution teilweise strafbar, aber er ist seinen Freunden gegenüber sehr offen und berichtet ihnen von seinen Erfahrungen. Diese betrachten das Thema sehr kritisch, werden aber durch seine nüchternen Betrachtungsweisen auch quasi dazu gezwungen, sich damit kritisch auseinander zu setzen.

Das Buch fand ich am Anfang sehr spannend, weil es Schritt für Schritt beschreibt, welche Motive ihn dazu bewegt haben. Seine eigenen Ängste und Unsicherheiten machen ihn sehr sympathisch. Doch irgendwann verfliegt ein wenig der Spannungsbogen und die Geschichten mit den unterschiedlichen Frauen reihen sich aneinander, immer wieder unterbrochen von den Diskussionen mit seinen Freunden.

Sein Buch „Ich bezahle für Sex“ ist aber nicht nur ein autobiografische Schilderung, sondern hat auch eine politische Botschaft. Das wird daran erkennbar, dass nach dem Comicteil mit ca. 230 Seiten noch ca. 90 Seiten damit gefüllt werden, Argumente für die Legalisierung zu aufzuführen. Als deutsche Leserin befremdet diese Argumentation ein klein wenig, weil hierzulande Prostitution schon sei 2003 legalisiert ist, aber die Argumente zeigen nicht nur die gesetzliche Seite auf, sondern auch die moralische, und das macht es dann doch wieder interessant.

Es ist kein erotischer, sondern eher ein politischer Comic. Das sollte einem klar sein, wenn man sich das Buch anschafft. Doch gerade die Wahl des Comicstils macht den Lesestoff sehr ansprechend und spannend.

Bewertung:

280 Seiten, 22,95 Euro
Bestellen bei Amazon Ich bezahle für Sex – Aufzeichnungen eines Freiers von Chester Brown