Buchrezension: Leih mir dein Ohr …

Das Besondere an diesem Beziehungsratgeber ist die Offenheit, mit der die beiden Autoren immer wieder Szenen aus ihrer eigenen Beziehung darstellen. Während viele Therapeut/innen ihre eigene Geschichte für sich behalten, zeigen Sabine und Roland Bösel mit ihren Erfahrungen, dass es möglich ist, selbst aus den heftigsten Krisen zu lernen und sich durch sie weiterzuentwickeln. Die beiden sind trotz mehrerer Trennungen und großer Konflikte mittlerweile seit 30 Jahren ein Paar und haben 3 fast erwachsene Kinder.

Das Buch ist spannend zu lesen: meist steht am Anfang des Kapitels eine kleine Geschichte aus dem Beziehungsleben der Autoren, dann wird das dazugehörige Thema bearbeitet und am Ende des Kapitels wird quasi die Auflösung des Konfliktes vom Anfang präsentiert. Ergänzt werden die anschaulich geschriebenen Geschichten durch kleine, wirklich einfache Übungen mit Aufgaben, die man entweder für sich, für den Partner oder für die Beziehung bearbeiten kann.
„Leih mir dein Ohr“ ist ein Ratgeber, der nicht den schnellen Erfolg verspricht, sondern zum Nachdenken anregt. Und zwar darüber, was der eigene Anteil an dem Konflikt darstellt, aber auch, wie es dem Partner möglicherweise bei einem Konflikt ergehen kann. Unter anderem geht es um die Themenbereiche: unterschiedliche Temperamente beider Partner, die Erforschung der eigenen Gefühls- und Erfahrungswelt, Liebe und wie man sie pflegt, aber auch Erotik und Sexualität.
Ein Kapitel gibt es in diesem Buch zu einem Thema, das in vielen Beziehungsratgebern nur allzu selten erwähnt wird: die Paarvision. Was will ein Paar gemeinsam erleben, was will es erreichen? Denn eine gemeinsame Vision stärkt die Bindung zwischen beiden und vergrößert den Zusammenhalt. Ob das nun gemeinsame Kinder sind, berufliche Projekte oder die Verwirklichung eines Lebenswunsches, wichtig ist, darüber zu sprechen und einen gemeinsamen Weg zu finden.
Gerade auch durch die geschilderten Beziehungserfahrungen des Autorenpaars kann man sehen, dass Veränderungen wirklich möglich sind. Aber es müssen beide bereit sein, nicht nur dem anderen genau zuzuhören, sondern auch bei sich selbst hinschauen, wie das eigene Verhalten zu diesem Konflikt beiträgt. Und erst wenn beide einander verstehen und verstanden fühlen, kann das Herz sich wieder öffnen.

Sabine Bösel und Roland Bösel, 256 Seiten, 8,99 Euro (Taschenbuch)

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