"Fahrzeugwechsel" von Manfred Eder

Fahrzeugwechsel“
von
Manfred Eder

Für einen Vernunftmenschen wie Annette gibt es eigentlich keinen Grund, einen fast neuen, ebenso modernen, wie sparsamen Kleinwagen gegen einen verwitterten, ausgelutschten Ami-Schlitten zu tauschen. Trotzdem hat sie es getan. Bestimmt zehn mal sah sie sich diesen riesigen Wagen auf dem Gelände des mehr als zwielichtigen Gebrauchtwagenhändlers an – und immer deutlicher verspürte sie den Wunsch, genau dieses Gefährt ihr Eigen zu nennen. Der Typ mag sich die Hände gerieben haben, als sie ihm dafür ihren noch nicht einmal ein Jahr alten Polo überließ. Sie jedenfalls fuhr glücklich mit ihrer neuen Errungenschaft von dannen.

Auf das Verständnis Außenstehender wagt sie ohnehin nicht zu hoffen, kann sie sich doch ihr Handeln noch nicht einmal selbst erklären. Wider erwarten gewöhnt Annette sich erstaunlich schnell an die beachtlichen Abmessungen des Oldsmobile. Schon einige Straßen weiter steuert sie ihn so geschickt durch die Schluchten der Stadt, als sei sie noch nie mit einem kleineren Wagen unterwegs gewesen. Die Geschäftshäuser weichen Wohnblocks, diese wiederum Mehr- und schließlich Einfamilienhäusern. Annette verläßt die City in Richtung Norden, durchquert die letzten Vororte. Kinder spielen in den Gärten der Häuser. Ihre Väter und Mütter schneiden Hecken, streichen Zäune und unterhalten sich über dieselben hinweg mit den Nachbarn. Annette läßt auch diese letzten Ausläufer der Stadt hinter sich. Sie biegt in eine wenig befahrene Landstraße ein. Jetzt erst genießt sie wirklich den Fahrtwind, der durch die geöffneten Fenster ihr schulterlanges Haar zerzaust. Telegrafenmasten huschen vorbei. Kleine Waldstücke wechseln sich ab mit goldgelben Getreidefeldern, die sich wie ein wertvoller Teppich über die sanfter werdenden Hügel erstrecken. Jede einzelne Kurve bereitet Annette Freude. Ohne jeglichen Kraftaufwand läßt das Lenkrad sich drehen. Sobald sie mit dem rechten Fuß sanft das Gaspedal berührt, antwortet der Motor mit jenem kraftstrotzenden Brummeln, das eben nur amerikanischen V8-Motoren eigen ist. Das Fahrwerk bügelt die Straße regelrecht glatt, verleiht Annette das Gefühl, über die Bodenunebenheiten hinweg zu schweben. Nur die Vibrationen, die der Motorkraft als Nebenprodukt entspringen, gibt der weiche Ledersitz ungefiltert an den Unterleib der Fahrerin weiter. Annette verliert jegliches Gefühl für Zeit und Raum. In eine endlos lange Gerade mündet die Fahrbahn nach einem geheimnisvoll dunklen, fast schwarzen Gehölz. Die Sonne, deren dezentes Licht längst nicht mehr zu blenden vermag, schiebt sich als glutroter Ball hinter den wie mit einem Lineal gezogenen Horizont. Annette fährt direkt auf sie zu. Weit und breit niemand außer ihr. Sie entrückt in ihrem V8 dezent der Realität. Gierig gibt sie Gas. Da ist es wieder, dieses angenehme Kribbeln, mit dem der zitternde Sitz ihren Schoß kitzelt. Es fällt Annette schwer, nicht die Augen zu schließen. Die Sonne, eben noch zum Greifen nah, verschwindet ganz. Jetzt erst bemerkt Annette das leuchtend orange Licht inmitten des Armaturenbrettes. Jäh holt es Annette aus ihren Träumen. Verdammte Scheiße, die Tankanzeige! Hektisch überlegt Annette, wo sie zuletzt eine Tankstelle sah. Doch da war keine, nirgends! Wie kann man nur so blöd sein – alleine in dieser gottverlassenen Gegend ohne Benzin, prima! Annette könnte sich selbst ohrfeigen. Kalter Schweiß dringt durch ihre Poren. Alles das, was ihr eben noch Spaß bereitete, rückt in weite Ferne. Sie hält Ausschau nach einer Gelegenheit, um den Wagen anzuhalten. Vielleicht findet sie ja im Kofferraum wider erwarten einen vollen Kanister. Doch der Wagen gehorcht ihr nicht mehr, leistet weder den Befehlen, die sie ihm über die Pedale erteilt, noch dem Drehen des Lenkrades Folge. Unbeirrt fährt er an zwei Stellen mit ausreichend befestigtem Bankett vorbei, ehe er selbständig in einen steinigen Weg einbiegt. Just in diesem Moment heben sich ohne Annettes zutun selbständig die Seitenscheiben. Der Weg endet in einer alten, längst verlassenen Kiesgrube. Hier bleibt der Wagen endlich stehen. Nervös ruckelt Annette an den Türgriffen – sie lassen sich nicht einen Millimeter bewegen. Doch damit hatte Annette schon insgeheim gerechnet. Sie beginnt sich damit abzufinden, in ihrem eigenen Wagen gefangen zu sein. Die Hektik weicht aus ihr – langsam aber immerhin. Je mehr sie sich beruhigt, um so deutlicher nimmt sie einen Geruch wahr. Ein Duft wie von tausend Rosen dringt durch die Lüftung ins Fahrzeuginnere. Da ist auch dieses Vibrieren des Sitzes wieder – dabei läuft doch der Motor gar nicht! Trotzdem verfehlt es, wie schon zuvor, nicht seine Wirkung. Die Armlehnen umschließen Annettes Oberkörper von hinten. Noch ehe sie einen klaren Gedanken fassen kann, erwachsen aus ihnen zwei Hände, die zielstrebig Annettes T-Shirt hochheben und es auf die Rücksitzbank werfen. Wie von Geisterhand öffnet sich der Verschluß des Büstenhalters. Die Hände nehmen Annette das schwarze Teil ab, das sogleich neben dem T-Shirt landet. Der Duft betört Annette. Sie gestattet den Händen zärtlich forschend ihre Haut zu streicheln. Die warmen Finger berühren Annettes Hals, tasten sich an ihren Seiten hinunter, tanzen auf ihrem Bauch. Rippe für Rippe arbeiten sie sich wieder hoch, packen fest Annettes Brüste. In jede Hand paßt exakt eine. Sie kneten das weiche Fleisch. Die Zeigefinger umkreisen Annettes Brustwarzen, verwandeln sie flugs in harte, abstehende Knospen. Rock und Slip streift Annette selbst nach unten. Auch das unter ihnen bislang Verborgenene soll nicht unbeachtet bleiben. Nichts mehr filtert jetzt die Vibrationen der ledernen Sitzfläche. Annette drückt ihren Unterleib dagegen, spürt, wie das Blut dem Siedepunkt nahe zwischen ihre Beine fließt. Ihre Schenkel wandern immer weiter auseinander. Die Hitze dazwischen braucht Platz! Mit den Fußsohlen stützt sich Annette beiderseits des Lenkrades am Armaturenbrett ab. An jeder Seite schlingt sich ein verchromter Hebel um die Knöchel. Ihre unteren Extremitäten so fixiert, sieht Annette begeistert dem zu, was aus der Mitte des sich langsam nach unten neigenden Lenkrades wächst. „Komm mein Süßer, hierher“, murmelt sie. Die Lehne des Sitzes neigt sich nach hinten. Bald sind die Vibrationen auch tief in ihr. Welch Wohltat, welch grandioses Gefühl der Lust! Schweißperlen bilden sich auf Annettes ganzem Körper. Ein entspanntes Lächeln zeigt sich auf ihrem Gesicht, dessen Züge sich zusehends entspannen. Die Seitenscheiben verschwinden wieder nach unten in die Karosserie. Der süßliche Duft dringt nun noch intensiver in den Innenraum. Annettes Geist und Körper wiegen sich in süßem Takt. Fest greifen die beiden Armlehnen zu. Anders als sonst gehen die Wellen des Glücks jetzt allerdings nicht von Annettes Mitte aus. Vielmehr scheint der vibrierende Wagen die orgasmischen Ströme aus ihr zu saugen und sie an die nächste Umgebung weiterzugeben. Über Türverkleidung, Handbremshebel, Fahrzeughimmel und allem, mit dem Annette sonst noch in Berührung kommt, dringen sie von außen wieder durch ihre schweißnasse Haut ein. Am intensivsten natürlich über das schwarze Leder des Sitzes, auf dem sie sich voller Wonne gehen läßt.

Nur ganz langsam glätten sich die hoch aufgestiegenen Wogen wieder. Eine laue Brise fegt die Reste des Rosenduftes aus dem Wagen. Annette fällt es schwer, die Augen zu öffnen. Letztenendes hat sie aber keine Wahl. Wann träumte sie eigentlich zuletzt so intensiv? Zu ihrer Überraschung kommt sie aber nicht in ihrem Bett, sondern tatsächlich im Oldsmobile zu sich. Sogar ihre Kleider findet sie dort, wo sie im Traum abgeblieben waren. Wieder angezogen stellt Annette die Lehne des Fahrersitzes hoch. Ungläubig sieht sie sich um. Der Sprung im Glas des Tachos, die Risse in den Türverkleidungen, die aufgerauhten Stellen des Leders auf den Sitzen – alles weg! Das Interieur des Wagens erstrahlt in neuem Glanz. Annette steigt aus. Die vielen, über die ganze Karosserie verteilten kleinen Dellen – weg! Daß sie den Flugrost auf den Chromteilen nicht wiederfindet und der Lack glänzt wie frisch aus der Brennkammer wundert sie schon gar nicht mehr. Sogar die fehlende Radkappe ist plötzlich wieder da. Annette nimmt wieder auf dem Fahrersitz Platz. Sie dreht den Schlüssel im Zündschloß – die Nadel der Tankuhr marschiert hoch bis zu Anschlag! Mit der ersten Umdrehung des Anlassers meldet der V8 sich würdevoll zu Wort. Annette streicht mit den Fingern zärtlich über das Armaturenbrett. Von Anfang an hatte sie gefühlt, daß dieser Wagen etwas ganz besonderes sein mußte! Sie legt BH und Slip wieder ab. Beides fliegt achtlos aus dem Fenster. Den Rock hebt Annette hoch und setzt sich auf die Armlehne zwischen den Vordersitzen. Ihre Brüste läßt sie unter dem T-Shirt hervor spitzen und reibt deren zarte Spitzen an der Lehne des Fahrersitzes. Heiß küßt sie die Kopfstütze. „Das kannst du von jetzt an haben sooft du willst“, flüstert sie. Brüllend heult der Motor auf, um zur Antwort das, was Annette am nächsten ist, in Schwingung zu versetzen.

„Ansonsten bin ich fast 35 Jahre, habe aber die Kraft der zwei Herzen – sagt zumindest meine Tochter (fast 9).“

Kontakt: maneder@hotmail.com