„Goethes Erben“
von Jochen Kittner1
Wie innig wachten mit und wir heut auf
und vor dem Wissen noch, daß es uns gab
da wuchs das Kleine groß schon dir hinauf
spazierte selbst und in dir auf und ab.Was sangst, Geliebte, du mir für ein Lied
ich hörte es und zitterte vor Wonnen
wie zuckt‘ der Strahl dir zu aus heißem Glied
und schöner noch als gar ein Strahl der Sonnen.2
Sonnenheiß liegen wir
halb im Schlaf.Da stichelt sich durch die Dämmersinne
das Rinnsal Lust, das nie vertrocknet.Wie weich es mich in deine Höhle trägt
wie samten, wie zart sie mich birgt.Und glitzernd, doch gemach
treibt die Welle zu Tal.Und sie trifft auf dem Weg
Vogelruf
Funkelstein
und verhält.Und sie träumt von dem Sturz
und sie stürzt wie im Traum.Halb im Schlaf
sonnenheiß.3
Ausgepumpt
Zufrieden
Zusammen
Lächelnd
Redend
Angeregt
Träumerisch
Augenblitzig
Unbedingt
Zärtlich
Verwoben
Verworfen
Gierig
Besinnungslos
StürzendAusgepumpt
Zufrieden
Zusammen4
Umarmt
schliefen wir ein
um zu erwachen
Haut an HautIn Lichtern des Morgens
Gerüche der Nacht
und beschützt von
den HändenAls sie sich dann regten
wie spielende Tiere
wuchsen wir
wie von selbstZusammen
in einen
glühenden
LeibSo träumten wir
mit geschlossenen Augen
unendliches Glück
der KinderDie lächeln
in des Sonnenwinds
verschlungener Melodie
seligem Klang5
Eines und Eines
Ist ein AnderesWenn aber das Eine
In dem Einen verschwindetUm niemals als Eines
Wieder hervorzukommenSpürn wir im Puls der Blitze
Was das Andere sei6
Heut liebten wir uns
bis uns der Atem verschwand
Dann lagen wir still
wissenlos selig
treibend wie Tau mit dem WindDas Goethe-Sonett entdeckten Handwerker in Form einiger vergilbter Fetzen am Boden eines vergessenen Papierkorbs in einem durch Zufall dem Abbruchhammer entgangenen, nun wieder frisch gestrichenen Haus in Weimar, in dem offensichtlich eine der vielen Freundinnen des Meisters gewohnt hat.