How to: Wie gestalte ich eine SM-Session (Teil 1)

Seit Shades of Grey ist SM in aller Munde, pardon: in vielen Köpfen. Und viele fragen sich: Wie geht das denn nun wirklich? Was gibt es noch außerhalb dessen, was man im Buch lesen oder im Film sehen kann? Diese Fragen wird euch jetzt Sascha Hein beantworten, der sich seit über 20 Jahren in der SM-Szene bewegt und auch schon den ein oder anderen Workshop dazu gegeben hat. 

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Was ist SM

Heute, so als Einstand, will ich meine Gedanken zum Thema „Session“ einfach mal an euch weiter geben. Ich gebe zu, dass ist jetzt eher mal so ein kleines How-To für die noch nicht ganz so alten Hasen. Aber vielleicht holt mein Artikel ja auch die, die schon tausende von Sessions geplant und gestaltet haben ja auch ein bisschen zurück aus der Routine. Und bringt sie wieder dort hin, wo man sich noch groß Gedanken gemacht hat über das, was da jetzt heute Abend, oder morgen oder am Wochenende passieren soll.
Zuerst einmal: Auf BDSM zu stehen heißt nicht, dass Deine Session unbedingt ein durchdachtes und bis zum letzten ausstaffiertes Rollenspiel sein muss. Ein Rollenspiel zu spielen bedeutet noch nicht mal, dass Du sado-masochistische Vorlieben hast. Oder wenn Du „nur“ auf SM, also Sadomasochismus stehst, kannst du das ganze auch ohne Dominanz und Unterwerfung wunderbar ausleben.
Das Akronym BDSM steht für Bondage and Devotion (Fesseln und Hingabe), Dominance and Submission (Dominanz und Unterwerfung), Sadism and Masochism (Sadismus und Masochismus). Auf BDSM zu stehen heißt nicht, all diese Punkte ab zu haken. Es heißt, sich am Buffet der Möglichkeiten zu bedienen und sich das herauszuziehen, was euch kickt, das ganze ist eine große Spielwiese für euch und eure(n) Partner, es geht hier nur um eins: Eure Lust!

Was ist eine Session

Aber was ist eine Session überhaupt? Ich würde eine Session als zeitlich und in einem gewissen Rahmen auch inhaltlich festgelegte, dem BDSM zugehörige Aktivität sehen. Sei es jetzt, das für einen Abend geltende Rollenspiele des Herrn und der Dienstbotin oder der Lady und Ihres Stallburschens, sei es der Spaziergang mit Plug (Postöpsel) und ohne Wäsche am Sonntag Nachmittag, eine auf Schmerz basierende Session mit Schlagwerkzeugen oder eben die oben erwähnte, dauerhaft in Teilen reglementierte oder ritualisierte Partnerschaft.

Kurz: es gibt keine Regel, was eine Session ist und was nicht!

Unter’m Strich ist es einfach nur das vereinbarte Miteinander von Menschen mit dem Ziel, ein lustvolles Erlebnis zu teilen. Und da ist es jetzt erst mal egal, ob da die Lady, der Sir, die oder der Sub, Sklave(in) der Top oder Meister oder einfach nur zwei Menschen gegenüber stehen. Die ganze Kiste mit den Unterteilungen, wer ist was und warum, hat mit einer Session erst mal nichts zu tun.

Es geht nur um die Verbindung, die ihr in dem Moment mit eurem Partner oder euren Partnern eingeht. Es geht darum, Erfahrungen zu machen und auszutauschen, eure Fantasien und Vorstellungen in einem abgesprochenen, sicheren Rahmen auszuleben. Natürlich kann es sein, gerade wenn Ihr etwas das erste Mal ausprobiert, dass es nicht einfach so von der Hand geht. Natürlich kann mal ein Schlag daneben gehen oder ein Unterton eher einen Lachflash als ein devot gehauchtes „Ja mein Herr“ hervorrufen. Vielleicht fühlt Ihr euch in der Rolle, die in der Fantasie „ach so geil“ war einfach unwohl. Das passiert jedem immer mal wieder.

Man kann es übergehen, in vielen Fällen ist es eigentlich nur ein kurzer Moment, danach schwimmt man wieder irgendwo auf den Wellen der Session.
Und nicht zuletzt geht es natürlich darum, Spaß zu haben!

Die Basis

Ganz einfach: Zwei oder mehr Menschen treffen sich, um eine gute Zeit miteinander zu haben. Das einzige, was man zu diesem Zeitpunkt im Hinterkopf haben sollte sind zwei Dinge: Erstens Ehrlichkeit in dem, was man will und was nicht. Zweitens sollte man nicht vergessen, dass man jede Aktion abbrechen kann. In der Szene hat sich dafür der sogenannte Ampelcode durchgesetzt. Über grün muss man nicht reden, alles ist fein. Gelb ist der Bereich, der so gerade an der Grenze ist, wo man entscheidet, nochmal Gas zu geben oder zu Bremsen. Rot bedeutet einfach nur Stopp. Ob Ihr jetzt in eurer Session den Farbcode verwendet oder jeder Farbe eigene Worte oder auch Aktionen zuweist, ist euch überlassen. Warum ich Aktionen erwähne? Nun, das gefesselte und geknebelte „Opfer“ hat womöglich doch kleine Probleme damit, ‚Totalerendgültigerschlusspunkt‘ oder was auch immer Ihr für das Beenden der Session ausgemacht habt, zu sagen. Da ist es dann doch einfacher, zum Beispiel die Glocke, die man in der Hand hält, fallen zu lassen.

Der Inhalt

Mit das wichtigste. Das kann alles sein zwischen „Komm vorbei und versohle mir mal wieder so richtig den Hintern, bevor du mich nimmst“ und der anderthalbstündigen Bondage – Session mit Suspension (Aufhängung), danach eine lange, ausgiebige Spielerei mit Peitschen untermalt mit den Goldbergvariationen gespielt von Glen Gould und einem Quietscheentchen.

Nochmal, auch hier: Es geht um euch und um das, was euch Spaß macht. Setzt euch zusammen, redet darüber und legt los.

Vorbereitung

Auch das ist ein Punkt, der nicht unterschätzt werden darf. Was erzeugt Stimmung? Musik, Kerzen, das Zimmer sollte auf jeden Fall warm genug sein. Soll das ganze privat oder eher öffentlich stattfinden? Brauchen wir Kondome oder andere Hilfsmittel für Safer Sex? Sind die Batterien im Vibrator voll? Alle Toys in Reichweite?

Ich will nicht lügen, ihr werdet wahrscheinlich so gut wie nie an alles Denken, aber je mehr Routine Ihr habt, desto geringer werden die Vorbereitungs – Faux-Pas und ihr in der Lage, diese fehlenden Kleinigkeiten zu überspielen.

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Sicherheit

Wenn es sich hier eher um Spielpartner handelt, oder auch wenn eure Partnerschaft es voraussetzt ist natürlich das Erste, woran man hier denkt alles, was mit Safer Sex zu tun hat, neben Kondomen und Dental Dam (sogenannte Lecktücher) sind auch Latex- oder Vinylhandschuhe für manche Spielarten angebracht.
Bei Bondage- oder Fesselspielen hilft ein gutes Messer oder eine Schere, am Besten eine Verbandsschere oder ein Seilschneider aus dem Bergsteiger-Bedarf und auch wirklich nur das Seil zu zerschneiden. Übrigens: der Rigger (Fessler), dem das Seil mehr Wert ist als das Bunny (das Fessel-Opfer“), dem sollte man sich nicht unbedingt anvertrauen.

Vielleicht eine kleine Hausaufgabe, wenn die geplante Session erst am Wochenende stattfinden soll: Macht euch Gedanken darüber, was Ihr braucht und wie Ihr das ganze so sicher als möglich machen könnt. Übrigens: ein kleines Erste-Hilfe-Kit zu Hause kann nie falsch sein!

Wie es nach der Vorbereitung weitergeht, erfahrt ihr im zweiten Teil.

 

Sascha Hein

Foto: (C) erosa.de