Die EMMA hat gerade in ihrem neuen Magazin einen Appell gegen die Prostitution veröffentlicht. 90 Prominente unterstützen darin die Forderung, Prostitution abzuschaffen. In einigen anderen europäischenLändern, z.B. Schweden wurden bereits entsprechende Gesetze umgesetzt, in Frankreich ist dies auch aktuell im Gespräch. Dort forderten „343 Dreckskerle“ das Recht auf käuflichen Sex. Was ist also richtig? Das Recht auf die Möglichkeit von käuflichen Sex oder der Schutz von sexueller Ausbeutung von (vornehmlich) Frauen?
Bei der Diskussion über ein Verbot von Prostitution werden viele unterschiedliche Gründe miteinander vermischt. Der wichtigste ist wohl vor allem der: Prostitution ist nicht gleich Menschenhandel und Menschenhandel auch nicht immer Prostitution.
Anteil von Zwangsprostitutierten
In einer unserer Veranstaltungen des Erotischen Salons hatten wir eine Karolina Leppert, Vorstand von Hydra, als Gast. Hydra ist ein Verein in Berlin, der sich für die Unterstützung von Prostituierten einsetzt, ihnen einen Treffpunkt bietet und auch Beratung, sowohl beim Einstieg in, als auch beim Ausstieg aus diesem Job.
Wir fragten die Frau Leppert nach dem Anteil von Frauen, die nicht freiwillig in diesem Bereich arbeiten. Sie hatte folgende Einschätzung, die sich auch im Gespräch mit einem Kripo-Beamten ergeben hat: 40 Prozent arbeiten dort aus einer gewissen Neugier, oder auch nur vorübergehend, 55 Prozent haben es als festen Beruf, und 5 Prozent sind Zwangsprostituierte. Jede einzelne Frau, die diesen Job nicht freiwillig macht, ist ganz eindeutig eine zu viel. Aber kann man eine ganze Branche verdammen wegen 5%? Oder selbst wenn es 20% wären? In jeder Branche, in jedem Bereich gibt es schwarze Schafe, selbst Diplomaten sollen schon Haushaltshilfen unter sklavenähnlichen Bedingungen beschäftigt haben. Soll man deswegen alle Diplomaten oder alle Haushalts-Jobs verbieten? Nein, man müsste einfach schärfer solche Vergehen ahnden und bestrafen.
Zu lockeres Prostitutionsgesetz?
2002 wurde das Prostitutionsgesetz derart reformiert, dass auch Prostituierte sich nun sozialversichern können, ihren Lohn einklagen und dass der Job selbst nicht mehr als sittenwidrig gilt. Gegner der Prostitution behaupten, dass es damit nicht mehr möglich sei, nun gezielt nach Zwangsprostitutierten zu fahnden.
Inwieweit das stimmt, kann ich nicht wirklich beurteilen. Aber ich glaube, dass es da Möglichkeiten geben muss, kriminelle Bereiche auszumerzen, ohne einen ganzen Berufszweig zu kriminalisieren. Notfalls müssen neue funktionsgerechte Gesetze entwickelt werden, die am besten mit denen gestaltet werden sollten, die sich in dem Bereich auskennen. Da gibt es den schon oben erwähnten Verein Hydra oder den ganz neu gegründeten Berufsverbandfür erotische und sexuelle Dienstleistungen.
Ist Prostitution gesund?
Manche mögen einwenden, dass Prostitution vielleicht seelisch nicht gesund sei. Aber die Frage ist, ist es der Job an sich oder die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Frauen und Männer dort arbeiten. Und kann man denn von all den anderen Jobs behaupten, dass sie seelisch förderlich sind?
Könnte man denn behaupten, dass diese Frauen, alle früher missbraucht wurden und deswegen als Hure arbeiten? Meines Wissens gibt es da keine konkreten Ergebnisse. Es wird ja auch gerne behauptet, dass SMler ihre Missbrauchserfahrungen durch die sadomasochistischen Spiele nachspielen oder auch überwinden. Aber auch dafür gibt es bislang keine Forschungsergebnisse.
Und selbst wenn es so wäre, dann wäre auch das kein Grund dafür, diesen Berufszweig zu kriminalisieren, sondern eher ein Grund dafür, diesen Frauen Therapie und Unterstützung für den Ausstieg anzubieten, wenn sie es in Anspruch nehmen möchten.
Jenseits all dieser Argumente sollten uns aber auch die Erfahrungen mit der Prohibition gezeigt haben, dass mit einem Verbot die Menschen ihre Gelüste dann im Untergrund ausleben und man damit das ganze Thema auch nicht wirklich vermeiden kann.
Das Verfügungsrecht über den eigenen Körper
Auch wenn ich selbst ganz persönlich den Bereich der Prostitution kritisch betrachte (aus emotionalen, körperlichen und spirituellen Gründen), so plädiere ich doch dafür, dass die Sexarbeiter ihre Tätigkeit ohne moralische oder gesetzliche Repressionen ausführen dürfen und können. Ein Punkt, der auch kaum angesprochen wird: Jeder Mensch hat ein Verfügungsrecht über den eigenen Körper. Und wenn manche freiwillig sexuelle Dienstleistung anbieten möchte, dann sollte es ihnen nicht verwehrt werden. Es darf nicht sein, dass ein Teil dieser Gesellschaft kriminalisiert wird, nur weil manche Menschen glauben, ihre moralischen Beurteilungen über käufliche Sexualität seien bedeutender als der freie Wille jedes einzelnen Menschen.