Die Autorin Anja Stiffel ist gute 10 Jahre jünger als ich, Drehbuchautorin, Mutter und Emotionsbolzen, wie mir zumindest der Klappentext verrät. Unglaublich, dass eine Frau in dem Alter schon über „Wege aus der verkehrsberuhigten Zone“ schreiben kann oder muss. Oder liegt es vielleicht auch daran, daß es durchaus an der Tagesordnung ist, dass in einer Ehe früher oder später der Zeitpunkt kommt, an dem der Sex sich rar macht?
Vielleicht habe ich gerade deshalb ja auch nicht geheiratet… Ich bin gespannt auf die Lösungsmöglichkeiten, die Anja Stiffel anbieten wird.
Den Titel „Ehehygiene“ finde ich etwas „klinisch“, klingt nach 50er, 60er Jahre und nach Tricks aus Omas Schublade. Das Abbild der Frau auf dem Umschlag passt auch irgendwie hervorragend in die von mir angenommene Zeitrechnung. Der überdimensionale rosafarbene Vibrator fügt sich gut in das Gesamtbild ein, fällt kaum auf und ich assoziiere damit eher einen Zeppelin. Rosa, pink und schwarz scheinen gerade die absolut verkaufstreibenden Farben im Buchhandel zu sein, denn ich finde sie auch diesmal in der Umschlaggestaltung stark vertreten wieder.
Kommen wir zum Inhalt: Zahlreiche, in der Ich-Form geschriebene, sich aneinanderreihenden kleine Geschichtchen, die zusammengenommen einen Roman ergeben. Frau Stiffel erzählt mir en detail Szenen aus ihrer Ehe – sicherlich sehr autobiographisch. Und immer haben sie alle etwas gemeinsam: der Versuch, mit dem Ehemann mal wieder Sex zu haben, misslingt. Und warum? Weil keine, keiner richtig Lust dazu hat. Zwischen leisen Pflicht- und Schuldgefühlen, lauter Wut und purer Verzweiflung überlegt sich das Ehepaar Wege aus der Sex-Krise. Von Therapeut bis Tantra ist alles dabei.
Doch nichts scheint die Lust wohl aber noch mehr Frust wiederzuerwecken.
Bis, ja bis…. Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten.
Am Ende bleibe ich zurück als Leserin, die sich kurzweilig durch das Buch gelesen und sich an manchen Stellen amüsiert sogar wieder erkannt hat. (Ja, auch, wenn ich nicht verheiratet bin!)
Alles in allem hatte ich mir jedoch mehr erhofft in Sachen Lösungsmöglichkeiten, mehr an Engagement, mehr an Tiefe und mehr an Beleuchtung der Thematik von ganz anderen Blickwinkeln aus. Das Résumé, das die Autorin selbst aus ihren Erfahrungen zieht, ist nur allzu gut nachvollziehbar. Ich freue mich für sie, dass sie „es“ erkannt hat.
Ich persönlich fühle mich jedoch nicht wirklich bereichert, nicht durch tiefschürfendes Erkenntnisgut zu neuen Ufern mitgenommen. Schade.
Vielleicht sollte ich doch noch heiraten, um es selbst herauszufinden?
Nein, ich denke nicht.
Bewertung:
Rezensentin: climbing_rose
Eheygiene. Was man so alles tut, um es mal wieder zu tun von Anja Stiffel
224 Seiten, 14,99 Euro Ullsteinverlag