Reizvoll – Das einmalige Erotikmagazin aus Ulm

Ein Erotik-Magazin zu produzieren ist keine leichte Sache. Schon einige haben nach mehr oder weniger vielen Ausgaben wieder aufgegeben. Doch ein junges Auszubildenden-Team aus Ulm hat sich davon nicht abbringen lassen und im Rahmen eines Projektes ein Erotikmagazin herausgebracht. Und zwar eines, das sich konkret auf die Region Ulm bezieht. Der Name lautet Reizvoll (nicht zu verwechseln mit dem Reizvoll-Magazin aus Österreich) und hat den Anspruch Vorurteile in Sachen Erotik und Sexualität aufzubrechen.

Ich habe mir das Heft angeschaut und bin beeindruckt. Eine wirklich vielseitige und bunte Mischung ist den ungefähr 20 Auszubildenden da gelungen.

Wie kamen Sie auf die Idee, ausgerechnet ein Erotik-Magazin für Ulm herauszubringen?
Das Magazin ist im Rahmen unseres Auszubildenden-Projektes entstanden. In diesem Jahr hatten die Volontäre der Südwest Presse und Auszubildenden des Medienhauses in Ulm dabei die Gelegenheit ein eigenes Thema zu setzen. Für das Thema Erotik haben wir uns letztlich entschieden, weil es unfassbar viel Freiraum für Themen gibt, die wir in der Tageszeitung nicht unbedingt unterbringen könnten. Vor allem das Spiel mit den Erwartungen hat uns gereizt.
Bei einem Erotikmagazin erwarten viele Bilder von nackten Menschen, Tipps für ein besseres Liebesleben und libidosteigernde Rezepte. Wir wollten aber bewusst einen anderen Fokus setzen. Wir wollten schauen, was tatsächlich noch im Verborgenen liegt und Themen finden, über die nicht gesprochen wird. Natürlich haben auch Menschen mit Behinderung ein Bedürfnis nach Sexualität, doch darüber reden tut keiner.

Wer steckt dahinter? Was motiviert Sie, sich diesem Tabu-Thema anzunähern?
Erotik und Sexualität sind Themen, die jeden beschäftigen, jeden etwas angehen und doch einem sehr starken Mainstream unterliegen. Sex ansich ist ja schon lange kein Tabu mehr. Macht jeder, kennt jeder, ist normal. Doch neben diesem Konsens gibt es halt doch noch viele Dinge, auf die nur sehr selten ein Fokus gelegt wird. Dass es nichts Ungewöhnliches ist, wenn zwei Männer miteinander schlafen, ist inzwischen angekommen. Wenn Menschen allerdings gar keine Lust auf Sex haben, ist das schon wieder „merkwürdig“.
Oder umgekehrt: Pole Dance gilt immer noch als anrüchig, es riecht nach Striptease und Rotlicht. Dabei gibt es Frauen, die aus sportlichen Gründen an der Stange tanzen. Sich mit diesen Gegensätzen, die ja eigentlich im Verborgenen liegt, auseinanderzusetzen, war enorm spannend.

Wie hat die Südwest-Presse darauf reagiert? Oder kam die Idee von denen?
Also bitte. Die Idee kam natürlich von uns. Bei der Südwest Presse war man erst mal etwas skeptisch. Bis das Thema von allen wichtigen Stellen im Verlag genehmigt war, hat es auch etwas gedauert. Schließlich kann man mit so einem Themenschwerpunkt auch mal leicht daneben greifen. Sie kennen das ja wahrscheinlich selbst – bei allem, was das Thema Sex streift, läuft man leicht Gefahr, in der Schmuddelecke zu landen. Da wollten wir halt nicht hin. Wir wollten ein anspruchsvolles Heft, mit anspruchsvollen Texten und ansprechendem Layout. Ist uns ganz gut gelungen. Oder was meinen Sie?

Soll es weitere Ausgaben geben? Wird es sich weiterhin auf Ulm beziehen oder sich regional erweitern?
Weitere Ausgaben sind bislang nicht geplant, das Projekt war als einmalige Sache konzipiert. Falls sich daran was ändern sollte, halte ich Sie auf dem Laufenden. Wir hätten auf jeden Fall genug Themen für drei weitere Ausgaben. Erotik ist ein sehr ergiebiges Feld, wie wir festgestellt haben.
Der Lokale Bezug ist auf jeden Fall spannend, weil es hier die Leser direkter berührt. Es ist viel nahbarer zu sagen, in Deiner Nachbarschaft wohnt jemand, der ist ist asexuell. Ein asexueller Mann in Hamburg hätte nicht dieselbe Wirkung.

Wie das Feedback, das Sie bisher bekommen haben?
Überraschend gut. Die Leute sind sehr neugierig, was wir da produziert haben. Negative Leserbriefe haben uns bislang noch nicht erreicht. Ich bin positiv überrascht, dass ein Erotikmagazin noch so viel Aufmerksamkeit erregen kann. Was wir oft hören, und da freue ich mich besonders drüber, ist der Satz: „Darüber habe ich ja noch nie nachgedacht.“ Anscheinend ist es uns gelungen, die Leute zu überraschen und das war ja mit unser Ziel.

Vielen Dank für die Antworten und viel Erfolg bei allem, was Sie weiterhin in Angriff nehmen!

Wenn ihr in das Magazin reinschnuppern wollt, könnt ihr das hier tun: www.reizvoll-ulm.de

Für 2,69 Euro könnt ihr das Heft in den einschlägigen Zeitschriftenläden kaufen oder über die Webseite auch per Post bestellen.