Verhütungsstudie für den Mann wegen „Stimmungsschwankungen“ abggebrochen

Verhütung ist ein heißes Thema. Müssen doch Frauen trotz Kondomen nach wie vor den größten Anteil tragen. Und auch mit Nebenwirkungen erfreuen sich die verschiedenen Verhütungsmethoden für die Frau weiterhin größter Beliebtheit. Nun gab es eine Studie zu einer neuen Verhütungsmethode für Männer – doch viele haben sie abgebrochen. Der Grund: Stimmungsschwankungen als Nebenwirkung.

So beliebt die Anti-Babypille als hormonelles und ziemlich verlässliches Verhütungsmittel auch ist, steht sie doch stark in der Kritik. Schließlich ist es nicht ohne, den Körper in diesem Maße mit Hormonen vollzupumpen, sodass die Liste der möglichen und auch häufig vorkommenden Nebenwirkungen lang ist. Eine sinkende Libido, Kopfschmerzen, Depressionen, Gewichtszunahme durch Steigerung des Hungergefühls sowie Wassereinlagerungen sind nur einige davon. Die neuste Generation der oralen Kontrazeption kann sogar ein gewisses Thromboserisiko mit sich bringen.

Dennoch, all diese Nebenwirkungen nehmen Frauen mehr oder weniger bereitwillig auf sich, um einer möglichen Schwangerschaft vorzubeugen.

Und welchen Beitrag leisten die Männer angesichts dieser Opferbereitschaft der Frauen? Fast gar keinen – sie erklären sich maximal bereit, ein Kondom überzuziehen, und beschweren sich dann im Anschluss auch noch, dass dadurch das richtige Feeling verloren geht.

Verhütung für den Mann dank Hormonspritze

Aber, liebe Frauen und Männer, die Wissenschaft schreitet voran und auch die Männer sollen ihre Chance bekommen, ihren Beitrag zur Verhütung zu leisten, damit auf Kondom und die hormonelle Verhütung durch die Frau verzichtet werden kann. Bemerkung am Rande – aufgrund des Schutzes vor Krankheiten, sollte im Zweifelsfall dem Kondom immer der Vorzug gegeben werden.

In einer Studie wurde untersucht, wie effizient sich Spermienzellen unterdrücken lassen, wenn den Probanden das Gestagen NET–EN in Kombination mit Testosteron gespritzt wird. Während das Gestagen die Anzahl der Spermien unter ein Niveau absenken soll, bei dem noch eine Schwangerschaft möglich ist, wird mit dem Testosteron der Absenkung des Testosteronspiegels als Nebenwirkung des Gestagens entgegengewirkt.

In einer ersten, sogenannten Unterdrückungsphase, wurden den Männern 26 Wochen lang aller 8 Wochen eine Injektion mit dem Gemisch verpasst, dass die Spermienzahl absenken sollte. Den 266 Probanden, bei welchen die Absenkung stattgefunden hatte, wurden weitere 54 Wochen lang Injektionen injiziert. Die Paare die an der Studie teilnahmen mussten innerhalb dieser Zeit mindestens zweimal in der Woche Sex haben, um eine Aussage über die Zuverlässigkeit des Wirkstoffes mit möglichst hoher Genauigkeit, zu bekommen.

Yay, ficken im Namen der Wissenschaft.

Für den Mann zu gefährlich für die Frau okay

Die gute Nachricht – die Methode ist fast genauso effektiv wie die oralen Verhütungsmittel für die Frau. Nur vier Frauen der 266 Paaren wurden Schwanger.

Die schlechte Nachricht – Männer haben die Studie wegen Stimmungsschwankungen abgebrochen und schließlich wurde die Studie aus Sicherheitsbedenken ganz beendet. Das Risiko, welchem die Studienteilnehmer ausgesetzt seien, stehe nicht im Verhältnis mit dem zu erwartenden Ergebnis.
Als Nebenwirkungen traten auf: Stimmungsschwankungen, Akne, Schmerzen auf der Seite der Injektion, Depression sowie eine erhöhte Libido.

Kommt irgendwie bekannt vor, oder? Frauen scheint man diesen Dingen problemlos aussetzten zu können, ja viel mehr noch, man bringt sogar noch gefährdendere Produkte auf den Markt – aber für die Männer bricht man die Studie dann doch lieber ab… Kein Kommentar.

Die Studie wurde mit Teilnehmern aus verschiedenen Ländern durchgeführt, umso interessanter war es, dass bestimmte Nebenwirkungen vor allem gehäuft an wenigen Orten auftraten. So wurde ein Emotionales Ungleichgewicht vor allem aus Indonesien gemeldet, ebenso wie eine erhöhte Libido hauptsächlich in Indonesien und Chile festgestellt wurde.

Trotz auftreten der Nebenwirkung und Abbruch der Studie werten die Forscher ihr Projekt als Erfolg. Denn es ist erstmals eine so hohe Effektivität bei einer reversiblen Verhütungsmethode erreicht worden.
Über den Zusammenhang der Nebenwirkungen mit den Injektionen, lassen sich auch nur bedingt verlässliche Aussagen treffen – schließlich war es schwierig mit einer Kontrollgruppe zu arbeiten, die nur ein Placebo bekommen hätte.

Bei fast allen Teilnehmern normalisierte sich die Spermienzahl nach Absetzen der Injektionen übrigens wieder.

Weitere Verhütungsmethoden für den Mann

Man mag sich fragen, warum auch nach 50 Jahren nach der Einführung der Pille, die Auswahl an reversiblen Verhütungsmitteln doch sehr überschaubar ist. Ein mögliches Motiv dafür: Geld. Mit der Pille und all den anderen Methoden lässt sich einfach viel Geld verdienen, schließlich muss es dauerhaft eingenommen werden um zu wirken – warum also was anderes entwickeln, was vielleicht billiger sein und länger wirken könnte?

Besonders der Mann hat da eine sehr begrenzte Auswahl. Da wäre zum Beispiel die Vasektomie, bei der die Samenleiter des Mannes durchtrennt werden, sodass keine Spermien mehr ausgestoßen werden. Kann nur mit einer 50/50 Chance bei einem größeren, operativen Eingriff rückgängig gemacht werden. Ist also für all jene, welche mit ihrer Familienplanung noch nicht abgeschlossen haben, keine Alternative.

„Nicht mit uns“ – dachte sich 2010 die Parsemus Foundation – eine NGO – und erwarb für schlappe 90.000 Dollar das Patent an einem Eingriff mit dem Namen RISUG (Reversible Inhibition of Sperm under Guidance). Nach zahlreichen Tests an Kaninchen und einer leichten Abänderung des Patents ist nun das Vasalgel entstanden, welches noch dieses Jahr am Menschen getestet werden und 2018 auf den Markt kommen soll.

Das hormonfreie Vasalgel wird ganz einfach in einem kurzen und nichtinvasivem Eingriff in den Samenleiter des Mannes injiziert. Dort bildet es einen Pfropfen und lässt zwar noch Flüssigkeit durch, blockt gleichzeitig aber Spermien ab. Diese werden dann vom Körper wieder absorbiert. Funktioniert zumindest bei Kaninchen bisher zuverlässig und es sind keine Nebenwirkungen aufgetreten. Doch als ob das nicht schon fantastisch genug wäre, kann das Hydrogel dort ein Jahr und länger verbleiben, ohne an Wirkkraft zu verlieren. Und als Sahnehäubchen obendrauf: Es ist reversibel und mittels der Injektion von Backpulver problemlos wieder auflösbar.

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Bild © parsemusfoundation.org

Sollten die Versuche am Menschen die bisherigen Ergebnisse bestätigen, ständen wir vor einer Revolution der Verhütungsmitteln und endlich vor der Wahlfreiheit, wer in Zukunft von uns die Verhütung übernimmt.

Photo credit: anqa via Visualhunt.com / CC BY-NC