Beim allmorgendlichen Joggen, Schritte zählen und Laufstrecke tracken? Kann jeder. Beim Liebesakt Stöße zählen und Kalorienverbrauch tracken? Kann auch bald jeder – und zwar mit Lovely, dem weltweit ersten Sextracker. Ein neuer Trend in der Sexspielzeugwelt?
Der technische Fortschritt kennt auch vor dem heimischen Schlafzimmer kein Halten. Unser Besuch auf der Erofame im letzten Jahr, hat schon einen kurzen Einblick gezeigt, was es für neue Spielzeuge gibt. Ob nun ein Vibrator mit Kamera oder komplett neue Stimulationsarten, wie der Womanizer. Auch Sex in der Virtual Reality nimmt immer mehr Form an. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt und mit Crowdfunding haben auch Entwickler jenseits der großen Firmen die Möglichkeit, ihre Visionen umzusetzen. Eine davon: Lovely
Was ist Lovely
Zuallererst ist Lovely ein vibrierender Penisring. Klingt erst mal unspektakulär, davon gibt es schließlich schon einiges auf dem Sexspielzeugmarkt. Doch in diesem kleinen, tropfenförmigen Ding steckt jede Menge Technik, welche ähnlich wie bei einem Sportstracker funktioniert. Während man sich die schicke Fitnessuhr allerdings um das Handgelenk macht, wird Lovely an einem wesentlich intimeren Ort befestigt. Der aus medizinischen Silikon bestehende und sehr dehnbare Penisring, wird ganz klassisch einfach über den Penis gestülpt. Doch während normale Penisringe „nur“ für eine härtere Erektion sorgen, kann Lovely noch mehr.
Er zählt, wieviele Bewegungen ihr während eines Geschlechtsaktes gemacht habt, wieviele Kalorien ihr verbrennt, welche Stellungen ihr wie lange durchgehalten habt. Sogar G-Kräfte und die maximale Geschwindigkeit werden erfasst. Alles Dinge, die ihr schon immer über euer Schäferstündchen wissen wolltet.
Abrufbar sind die Daten per App, an die Lovely die Informationen liefert. In hübschen Grafiken kann man sich dann über den persönlichen Fortschritt informieren.
Doch damit nicht genug. Es wäre schließlich Verschwendung, diese Daten nicht sinnvoll zu nutzen und so präsentiert euch dieser Penisring „Lovely Tips“. Welche Positionen solltet ihr mal ausprobieren (grafisch dargestellt) oder ob vielleicht auch etwas mehr Vorspiel eingebaut werden sollte – nein, fühlt euch deshalb jetzt nicht unter Druck gesetzt.
Revolutioniert Lovely unser aller Sexleben?
Die Frage „Brauchen wir das jetzt wirklich?“ stellt sich in der heutigen Welt schon lange nicht mehr. Es ist technisch möglich? Also wird es umgesetzt. Ob das immer gut ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Für Datensammler wird dieses Gadget sicherlich ein willkommenes Geschenk sein. Vorbei die Zeiten der mühsam geführten Excel-Tabelle, in welcher das private Sexleben dokumentiert wurde. Jetzt heißt es: Penisring drauf, App an und los kann es gehen.
Interessantes Datenmaterial könnte die App für Studien liefern. Schon Pornhub hat eindrucksvoll unter Beweis gestellt was es alles mit Daten anstellen kann. Welche Auswirkungen hatte Shades of Grey auf das Porno-seh-verhalten? Pornhub weiß die Antwort. Sollte sich Lovely wirklich etablieren, wäre das die ultimative Feldstudie. Die Probanden müssten nichts weiter machen, als Lovely beim Sex im heimischen Schlafzimmer zu tragen. Die Zeiten von Studien á la Masters of Sex in sterilen Klinikräumen wären vorbei…
Laut Jakub Konik, einer der Macher von Lovely, besteht der Plan, die Daten zur Verfügung zu stellen. Jedoch muss dazu erst eine ausreichende Datensicherheit vorhanden sein sowie die Daten anonymisiert werden.
Gleichzeitig erinnert die App von Lovely aber auch unangenehm an das Buch Zero von Marc Elsberg. Apps versuchen unser Leben als ständige Begleiter zu optimieren. Sie sagen, was wir wo besser machen sollten, um mehr Leistung aus uns herauszuholen. Im Buch endet das mit der totalen Überwachung. Man kann davon halten was man will aber was würde das mit unserem Sexleben machen? Sex ist doch eigentlich etwas zutiefst natürliches. Wir sollten uns dabei auf uns selbst konzentrieren, unserem Körper nachspüren und erkunden, was sich gut für uns anfühlt. Was uns in Extase versetzt. Die wachsende Beliebtheit von Slow Sex und Co. zeigt, dass immer mehr, auch junge Menschen beginnen, sich von der Zweckorientierung des Sexes (dem Orgasmus) abzuwenden und einfach zu spüren und zu fühlen. Lovely hätte mutmaßlich die gegenteilige Wirkung. Ständige Nachrichten „probiert die Stellung aus“ oder „halt nächstes Mal noch etwas länger durch“, setzen alle Beteiligten unter Druck. Der Spaß wird zum Sport – man muss immer besser werden und wenn man es mal nicht bringt, maßregelt die App. Soll so wirklich unser zukünftiges Sexleben aussehen? Bestimmt durch Technik?
Jakub Konik versucht diese „Angst“ etwas zu relativieren – wenn einem die Tips nicht gefallen, dann soll man sie einfach überspringen. Womit er nicht ganz Unrecht hat. Am Ende sind es immernoch wir selbst, die entscheiden, welchen Einfluss die Technik auf uns nimmt.
Hier findet ihr die Crowdfundingkampagne auf Indiegogo.